Worn Away
30.6. – 3.9.2023
Pressekonferenz: Donnerstag, 29. Juni 2023, 10 Uhr
Bitte um Anmeldung unter presse@secession.at
Eröffnung: Donnerstag, 29. Juni 2023, 19 Uhr
Publikation:
Zu der Ausstellung erscheint eine Publikation. Die digitalen Versionen der Publikationen sind gratis zum Download auf unserer Website verfügbar:
https://secession.at/category/digital_publication
Die Print Versionen mit künstlerischen Interventionen sind in unserem Online Shop und in der Secession erhältlich.
Chen Chieh-Jen, der sein Werk seit den frühen 1980er-Jahren entwickelt und international präsentiert, ist einer der renommiertesten Vertreter der taiwanesischen Kunstwelt. In der lokalen Szene wurde er durch die aktionistische Performance Dysfunction No. 3 (1983) bekannt, bei der Chen und seine Mitstreiter in Häftlingskleidung und mit übergestülpten Kapuzen durch die Straßen Taipehs zogen und so nicht nur einen Akt des zivilen Ungehorsams gegen die staatliche Kontrolle setzten, sondern in Zeiten der Unterdrückung auch einen öffentlichen Raum schufen: Unter dem von 1949 bis 1987 herrschenden Kriegsrecht wurde auch der Ausnahmezustand beibehalten, womit freie Meinungsäußerung und öffentliche Versammlungen verboten waren. Das von Natur aus antikommunistische Kriegsrecht grenzte Taiwan von der benachbarten Volksrepublik China ab und führte zur Etablierung eines Einparteiensystems, in dem Militär und Geheimpolizei die Kontrolle übernahmen. Die japanische Herrschaft über Taiwan in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Verbundenheit des Landes mit den USA während des Kalten Krieges und die heutige Neoliberalisierung sind auch stets wiederkehrende Ausgangspunkte von Chens vielschichtigem Werk.
Seit er sich Mitte der 1990er-Jahre der Fotografie und insbesondere dem Film zugewandt hat, beschäftigt sich der Künstler mit den unterschiedlichen Ausprägungen der Kolonisierung, den Mechanismen der Marginalisierung, der Ausbeutung von Arbeitskräften und den vielfältigen offenen und verdeckten Formen der staatlichen Kontrolle. Ein wesentlicher Aspekt seiner filmischen Arbeiten ist die Partikularität eines ‒ realen wie auch inszenierten ‒ Ortes. So dient etwa für seine Videoarbeit Empire’s Borders I (2008‒09) ein nachgebautes Amtsbüro als Kulisse, vor der ein ausschließlich weiblicher Cast die demütigenden Befragungen zu Visa nachstellt. Der Künstler hat in seinen Projekten immer wieder mit Communities zusammengearbeitet, darunter mit Sanatoriums-Insass*innen, entlassenen Fabrikarbeiter*innen, Migrant*innen und chinesischen Ehepartner*innen. Da Chen Chien-Jen auf Gemeinschaft setzt, erforscht er in seinem Werk nicht nur Formen des kollektiven Widerstands, sondern auch die Verstrickungen Taiwans in einer globalisierten Weltordnung unter der Schirmherrschaft des Neoliberalismus.
Chen Chieh-jen, geboren 1960 in Taoyuan, Taiwan. Lebt und arbeitet in Taipeh, Taiwan.