Die schwarze Kuppel der Secession zog im Juni 2024 alle Blicke auf sich. Die mit Statement betitelte Arbeit war ein weithin sichtbares Zeichen für die Würde Schwarzer Frauen. Sie war Teil der Ausstellung Achievement der kubanischen Künstlerin Susana Pilar Delahante Matienzo, deren Arbeiten feministische, antirassistische und antikoloniale Gegenentwürfe formulieren, die Leistungen Schwarzer Frauen ins Zentrum rücken und eine Form der Heilung propagieren. In diesem Gespräch mit Bettina Spoerr, das am 21. Juni 2024 aufgezeichnet wurde, spricht die Künstlerin darüber, wie sie sich in die goldene Kuppel der Secession verliebte und inspiriert wurde, die Architektur zu aktivieren.
Susana Pilar Delahante Matienzo
Die Neuerfindung des Gedächtnisses und die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Archiv sind grundlegend für Delahante Matienzos Forschung und eine Strategie zur Rückgewinnung von Identität und Geschichte für Menschen, denen das Recht verweigert wurde, ihre eigene Geschichte aufzuzeichnen. Als Künstlerin aus Kuba mit afrikanischen und chinesischen Wurzeln weiß sie aus der eigenen Familie, dass man sich lange Zeit für die Familiengeschichte nur auf mündliche Überlieferungen berufen konnte. Mit Achievement präsentiert sie ein fiktives und spekulatives Archiv, das Schwarze Frauen als bedeutende, wohlhabende und wertgeschätzte Mitglieder der Gesellschaft und als aktive und selbstbestimmte Geschäftsfrauen zeigt. Damit betreibt sie nicht nur Geschichtskritik, sondern geht einen wichtigen Schritt in Richtung einer differenzierten Betrachtung – um nicht zu sagen Re-Programmierung – von scheinbar unverrückbaren Glaubenssätzen. Die Künstlerin reagiert auf den kolonialen Blick mit selbstbewussten Gegendarstellungen. Mehr erfahren
Susana Pilar Delahante Matienzo, geboren 1984 in Havanna, Kuba, lebt und arbeitet seit 2021 in den Niederlanden. Sie beschreibt ihre Arbeit in den Bereichen Fotografie, Video und Performance als eine Beschäftigung mit „symbolischen Lösungen und persönlichen Antworten“ auf die Geschichte der Gewalt gegen Frauen. Sie sieht ihren Körper als ein Archiv der Zwangsumsiedlung von Menschen aus Afrika und Asien nach Kuba. In ihren Arbeiten setzt sie sich häufig mit Gewalt gegen Frauen und deren Auswirkungen auseinander und hinterfragt die dieser Gewalt zugrunde liegenden Machtsysteme. Ihre kritischen Arbeiten nehmen eine persönliche Perspektive als Ausgangspunkt. Widerstand, Kampf, Familienarchiv, Mütter, Schwarze Frauen, Negritude - das sind die Themen, entlang derer sich das tiefgründige Werk der Künstlerin entfaltet.
Die dialogische Zusammenarbeit mit Künstler*innen, die gemeinsame Konzeption und Umsetzung von Ausstellungen und die Reflektion über die Wirkmacht von Kunst auf unsere Gesellschaft stehen im Zentrum der Arbeit von Bettina Spörr, die Künstler*innen als Kuratorin und Autorin begleitet, wie Susana Pilar Delahante Matienzo bei der spektakulären Intervention an der goldenen Kuppel der Secession (2024) oder Delaine Le Bas bei ihrer für den Turner Prize 2024 nominierten Secessions-Ausstellung (2023).
Secession Podcast: Artists ist eine Gesprächsreihe mit ausstellenden Künstler*innen der Secession.
Programmiert vom Vorstand der Secession.
Das Dorotheum ist exklusiver Sponsor des Secession Podcasts.
Jingle: Hui Ye mit einem Ausschnitt aus Combat of dreams für Streichquartett und Zuspielung (2016, Christine Lavant Quartett) von Alexander J. Eberhard.
Schnitt: Paul Macheck
Produktion: Bettina Spörr