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Tillman Kaiser
Im Dom
13.9. – 10.11.2019

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Tillman Kaiser, Im Dom, Ausstellungsansicht, Secession 2019, Courtesy of the artist und Galerie Emanuel Layr Wien/Rom, Foto: Iris Ranzinger

In seiner Ausstellung Im Dom im Hauptraum der Secession zeigt Tillman Kaiser großteils neue Bilder und Skulpturen.

Eine Kirche oder Kathedrale erfüllt in den Augen des Künstlers keine Funktion, sie ist ein Gesamtkunst­werk aus Architektur, Bildhauerei und Malerei und ihre Schönheit ist Selbstzweck – etwas, das Kaiser für (seine) Kunst auch beansprucht und das an die Kant’sche Idee vom interesselosen Wohlgefallen erinnert. Seine Kunst entsteht im Atelier und bedarf keiner Auseinandersetzung mit einem spezifischen Ort. Dennoch ist der zwischen Lakonie und Ironie oszillierende Ausstellungstitel, der uns in einen Kirchenraum versetzt und die Möglichkeit spiritueller Erfahrung nahe legt, ein klug gesetzter Kunstgriff, der die Secession – an der Wende zur Moderne als Gesamtkunstwerk und „Tempel“ für die Kunst konzipiert – mit seinem Werk verbindet, ihren eigenen Status hinterfragt und dabei eine kritische Distanz behält.

 

Kaiser kombiniert in seinen Bildern Fotografie, Malerei und Grafik. Sowohl mit der selbstgebauten Camera Obscura aufgenommene Fotografien als auch kameralos erzeugte Cyanotypien und Fotogramme stellen die Grundlage für die weiterfolgende malerische Bearbeitung dar. Fehler wie beispielsweise ungeplanten Lichteinfall in der Lochkamera greift Kaiser als Spiel des Zufalls und als Zeugnisse des Arbeitsprozesses auf. Witz und Humor nennt der Künstler, der gern ein gewisses Maß an Distanz zwischen sich und sein Tun stellt, als wichtige Elemente seiner Arbeit.

Jedes Foto aus der Lochkamera mit einer Bildgröße von beeindruckenden 100 x 75 cm besteht aus mehreren Fotopapierblättern, und seine zumeist großformatigen Bilder sind wiederum aus mehreren auf die Leinwand geklebten Fotografien zusammengesetzt. Die Basis der Bilder ist daher immer schon eine Collage, die unterschiedliche Motive ebenso wie die Wiederholung und Variation eines Motivs auf einer Ebene zusammenführt und den Bildern Rhythmus und Komplexität verleiht.

 

Kaiser verbindet Techniken, die auf Vorarbeiten und Planung basieren mit dem Medium der Malerei, das über den Gestus und die Bearbeitung der Leinwand durch den Künstler Unmittelbarkeit, Spontaneität und individuellen Ausdruck verspricht. Mit dieser Ambiguität spielt Kaiser auf mehreren Ebenen, wenn er Zufall und Plan, Konzeption und Improvisation in seinen Arbeiten aufeinandertreffen lässt. Das Misstrauen gegenüber einfachen Erklärungen und das Vergnügen an der Vielgestaltigkeit der sichtbaren Welt sind als Grundhaltung hinter den Werken des Künstlers ablesbar.

Augen, rituelle Masken, ein Kirchenmodell sowie andere Referenzen aus dem Atelier des Künstlers sind zentrale und immer wiederkehrende Motive sowohl in den Bildern als auch in den Skulpturen. Mehr als früher scheinen beide Gattungen in den aktuellen Werken miteinander zu verschmelzen, indem Elemente der aus verschiedenen Materialien zusammengefügten Skulpturen als Fotografien in den Bildern erscheinen und die Skulpturen wiederum Strukturen und Motive aus den Bildern aufgreifen.

Faltungen und geometrische Formen sowie die Verwendung einfacher „armer“ Materialien sind charakteristisch für Kaisers Skulpturen. Aus Karton und Papier gefaltete Formen, manchmal in Verbindung mit vorgefundenen und zweckentfremdeten Alltagsgegenständen, verleihen den Objekten den ephemeren Charakter von Modellen oder Prototypen. Wie die Grundstruktur der Gemälde häufig aus kristallinen und prismatisch vervielfachten Mustern zusammengesetzt ist, so sind auch die Skulpturen aus einfachen geometrischen Formen aufgebaut.

 

Muster, die durch Wiederholung und perspektivische Verzerrung grafischer Elemente entstehen, ziehen sich über Kaisers Leinwände und verbinden die unterschiedlichen Bildkomponenten miteinander. In einer vor Ort produzierten riesigen Wandzeichnung isoliert er dieses Gestaltungsprinzip und demonstriert die faszinierende Wirkung dieser im Grunde einfachen, aber eindrucksvollen Technik.

 

Ausstellungsgespräch

Veranstaltungen
07.11.2019 | 18:30
Tillman Kaiser im Gespräch mit Bob Nickas
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Publikationen
Tillman Kaiser. DAS GLEICHE, NUR ANDERS
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Künstler*innen
Tillman Kaiser

geboren 1972 in Graz, lebt und arbeitet in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Bettina Spörr (Secession)

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07