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Terence Koh
Gone, yet still
7.7. – 4.9.2005

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Terence Koh, Gone, yet still, Ausstellungsansicht, Secession 2005, Foto: Matthias Herrmann

Terence Koh generiert in seinen Arbeiten Momente der Versuchung, der Lust und des Begehrens. Sie stehen exemplarisch für die Strategie, queere, polymorph perverse Zugänge in die künstlerische Produktion einfließen zu lassen. Die Signifikanz seiner Objekte ist angebunden an private Narration und ein weites Spektrum subkultureller Assoziationsfelder. Dabei verwendet Koh oft triviale Materialien, die durch seinen transformativen Umgang einer nahezu klassischen Ästhetik wieder eingeschrieben werden.

 

Terence Kohs Ausstellung in der Secession kreist um die Topoi Jugend, Schlaf und Tod. Die Installation im Grafischen Kabinett verfolgt die Idee, einen Raum zu schaffen, in dem der Künstler den Rest seines Lebens verbringen könnte.

 

Der Titel der Ausstellung gone, yet still, die Kurzform von “gone, yet still/ i lie in bed/ watching the stars” geht auf eine Art “Jisei” zurück, ein traditionelles japanisches Abschiedsgedicht, wie es von Samurai oder Zen-Mönchen kurz vor ihrem Tod verfasst wird. Auf dünnes Papier geschrieben, weht es den BesucherInnen im Treppenaufgang zum Grafischen Kabinett entgegen, der zu einer Art Passage zum Ort der Stille, der Leere, des Exils und des Rückzugs bis zum Tod wird. Sowohl der Treppenaufgang als auch der Raum oben mit all den darin enthaltenen Objekten sind ganz in Weiß gehalten. Das Weiß taucht den Raum in ein milchiges Licht und wird zugleich zum Vorboten der Transzendenz.

 

Maßgeblich für die Installation im Grafischen Kabinett ist die Frage, wie ein Raum aussehen müsste, um dort zu verharren, auf den Tod zu warten und sterben zu können. Inspirierend hierfür ist der Roman von Georges Perec Ein Mann der schläft, der die Geschichte einer Verweigerung erzählt. Ein junger Mann wendet sich kurz vor Abschluss seines Examens von jeglicher sozialer Existenz ab – ihren Zwängen, Sinnlosigkeiten, ihrer Vergeblichkeit und tut fortan nichts mehr. Er übergibt sich der Ziellosigkeit und verliert langsam das Gefühl, zur Welt zu gehören. Letztlich bricht der Student das Experiment mit der Erkenntnis ab, dass sein Rückzug aus der Welt keine Konsequenzen für den Gang der Dinge hat.

 

Ein Bett, ein Stuhl, ein Regal, ein Kühlschrank. Terence Koh kombiniert diese existenzielle Möblierung mit der barocken Opulenz von über 125 Glasvitrinen in der Größe von Aquarien. Sie sind mit den für Koh so typischen Devotionalien gefüllt: Tierfiguren, Püppchen, zwei sich küssende Marmorbüsten des letzten Papstes, Michael Jackson Figürchen, chinesische Reinkarnationsstatuen, Plastik-Dinosaurier, Insekten etc. – manche sind mit Wasser gefüllt, manche beherbergen Spuren eines Rituals.

 

Die Installation ist durchzogen von Symbolen und der Atmosphäre schwuler Sexualität, von Bildern junger Körper, Gesichter, Ärsche und Schwänze. Koh schafft damit letztlich Freiräume, queere Räume, in denen Sexualität als das, was sie vor allem ist, dargestellt wird, nicht wozu sie oft gemacht wird. Sexualität unterliegt in seinen Arbeiten keiner Vereinnahmung durch moralische, ideologische oder restriktive Zwänge, sondern ist vielmehr eine Verlockung, die Bedrängnis und Zerrissenheit im Dasein zu vergessen. Es ist weniger ein autobiografischer Reigen, denn ein Versuch, das Ephemere eines einzelnen Lebens zu vergegenwärtigen, das “Boudoir” einer Existenz zu dokumentieren, wo der Tod als einzige Sicherheit und gleichzeitig größte Unbekannte immer anwesend ist.

 

Terence Koh illustriert die Gespaltenheit menschlichen Seins, einerseits die Begierde, die Welt obsessiv zu erleben, sich zu teilen, der Sehnsucht einen Platz außerhalb seiner selbst zu geben, andererseits die unendliche Einsamkeit, die jeder Mensch kennt und immer wieder erlebt.

 

Seine Ausstellung ist eine Konfrontation mit dem Tod als einer notwendig abstrakten Vorstellung, der in der Einsamkeit des Zimmers als Erleichterung oder aber Bedrohung imaginiert werden kann, der die überbordend bestückten Glaskästen zu Särgen werden lässt. Diese harmonische Szenerie wird von einigen zerschlagenen und beschädigten Vitrinen erschüttert. Die Resonanz dieser Willkür, die Gewalt, die plötzlich auch im Raum anwesend ist, zerrt die Installation aus der Optik eines eingefrorenen Bildes heraus und erinnert an das wiederkehrend Unvorhersehbare, das dem Tod vorausgeht.

 




Künstler*innen
Terence Koh

geboren 1977, lebt und arbeitet in New York, Vancouver und Indonesien.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07