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Gruppenausstellung
Shandyismus. Autorschaft als Genre
22.2. – 15.4.2007

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Shandyismus. Autorschaft als Genre, Ausstellungsansicht, Secession 2007, Foto: Christian Wachter

Die Ausstellung Shandyismus. Autorschaft als Genre bezieht sich auf Laurence Sternes Roman The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman aus dem 18. Jahrhundert. Sie wird den Shandyismus als Phänomen bzw. als Position in der Fülle seiner intermedialen Bezugspunkte thematisieren. Es wird eine Reihe von bereits existierenden künstlerischen Werken gezeigt, die das methodische Vokabular des Shandyismus artikulieren. Gleichzeitig sind einige KünstlerInnen eingeladen, explizit eine Art „shandyistische Intervention“ für die Ausstellung zu entwickeln.

 

„Shall we for ever make new books, as apothecaries make new mixtures, by pouring only out of one vessel into another?” (Laurence Sterne, 1760)

 

In Laurence Sternes Roman The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentlemangibt es schwarze und marmorierte Seiten, fehlende Kapitel, freien Platz für den Leser, seine eigenen Auffassungen einzubringen, jede Menge diagrammatische Einschübe, die entweder dazu dienen, den performativen Aspekt der Rede graphisch zu verdeutlichen oder die extrem verschlungenen Erzählmuster des Romans aufzuzeigen. Einzelne Zeichen werden typografisch so hervorgehoben, dass sie als solche nicht mehr artikulierbar sind. Der Erzählstrang wird aus einer Reihe von Abweichungen entwickelt, und endet zeitlich vor seinem Beginn. Immer wieder wird der Leser, manchmal als Mann, dann wieder als Frau, adressiert. Tristram Shandy, die dramatisierte Erzählfigur, tritt dabei weniger als Handelnder der Erzählung auf, denn als Autor des Romans, den man gerade liest.

 

Kaum je ist das Buch als Medium mit mehr selbstreflexivem Witz und Ironie thematisiert worden, kulminierend in der Frage, warum überhaupt so viele Bücher geschrieben werden. In einem gewissen Sinn hätte dieses eine auch gereicht. Gleichwohl begründet dieser Ansatz eine heimliche Tradition der Moderne über alle Gattungs- und Denktraditionen hinweg. Der Shandyismus findet sich in allen künstlerischen Disziplinen, hat aber auch in Philosophie und Politik seine Spuren hinterlassen. Speziell sein Einfluss auf die bildende Kunst ist bisher kaum untersucht.

 

Die Ausstellung Shandyismus. Autorschaft als Genre stellt daher thesenhaft den Shandyismus sowohl in seinen historischen Dimensionen als auch als neu zu entdeckende, aktuelle Strategie vor. Aspekte einer thematischen Ausstellung werden deshalb mit einer aktuellen Gruppenausstellung in Verbindung gebracht. Eine Reihe von Werken sind zu sehen, die das methodische Vokabular des Shandyismus in erster Linie als Konstruktionen zwischen Autor- und Leserschaft artikulieren. Dazu gibt es einige thematische Blöcke insbesondere zu Narration und Diagrammatik, die, in Vitrinen präsentiert und eher historisch orientiert, die intermedialen Aspekte zwischen Kunst, Literatur, Film, Comics, Philosophie und Plattencovern adressieren. Zusätzlich wurden einige KünstlerInnen zu einer Art „shandyistischer Intervention“ eingeladen, die Ausstellung selbst als Medium anzusprechen. Auch das Design der Ausstellung arbeitet mit shandyistischen Elementen und baut gleichzeitig einen Referenzraum zu früheren Ausstellungen in der Secession auf, wie der Wittgenstein-Ausstellung von Joseph Kosuth von 1989 bis hin zu den jüngeren Ausstellungen von Michael Krebber, Christopher Williams und Constanze Ruhm Fate of Alien Modes.

 

KünstlerInnen, die speziell für die Ausstellung eine Arbeit konzipierten:
Bernadette Corporation
Gareth James
Sergej Jensen
David Jourdan
Olia Lialina and Dragan Espenschied
Josef Strau

Einzelne Leihgaben:
Louise Lawler, Woman with Picasso (1912), 1986
Chuck Jones, Duck Amuck, 1953
Marcel Duchamp, La Boite en Valise, 1938
Marcel Broodthaers, Le Drapeau Noir. Tirage illimité, 1968
Max Bill, Plakat für Duchamp-Ausstellung, 1960
Robert Frank, Washington D.C., 1957
Martin Kippenberger, Hängt die Verräter an die Wand, 1983
Michael Krebber, o.T., 1989
Franz West, Wittgensteins Kritzel, 1985
Jack Goldstein, o.T., 1986
Georg Baselitz, o.T., 2002
Jutta Koether, A Subject is the Local Occurance of a Process of Truth, 2001
Monika Baer, o.T., 1998
Michael Schuster, Fünf Minuten mit der Tour d’Autriche, 1979
Christian Philipp Müller, Plakat: Vergessene Zukunft, 1993
Plakat zu Robert Bresson, Pickpocket, 1959

Thematische Blöcke (Vitrinen und Texte):
Franz Reitinger: Intellektualisierung des Bildes im Licht der Literatur
Astrit Schmidt-Burkhardt: Der Witz im Diagramm
André Rottmann: Marcel Duchamps Shandyismus
Drehli Robnik: Hitchcock, Shandyist
Michael Dreyer: Konzeptuelles Plattencover Design (Introspection)
Clemens Krümmel: Analogien zwischen Denken und Handeln
Tanja Widmann: o.T. (Das Gesicht zu Boden, alle zugleich, Begeisterungstaumel, Chorgesang, Gestammel …)
Diedrich Diederichsen: Kippenberger, Shandyist

 




Künstler*innen
Monika Baer
Georg Baselitz
Max Bill
Marcel Broodthaers
Diedrich Diederichsen
Michael Dreyer
Marcel Duchamp
Dragan Espenschied
Robert Frank
Jack Goldstein
Gareth James
Sergej Jensen
Chuck Jones
David Jourdan
Martin Kippenberger
Jutta Koether
Clemens Krümmel
Louise Lawler
Olia Lialina
Franz Reitinger
Drehli Robnik
André Rottmann
Astrit Schmidt-Burkhardt
Josef Strau

geboren 1957 in Wien, lebt und arbeitet in New York.

Franz West
Tanja Widmann

geboren 1966 in Villach, lebt in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Helmut Draxler

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07