Gruppenausstellung
Secessionsgarten
21.7. – 30.9.2007
Im Sommer präsentiert die Secession im Außenraum mit Projekten von Azra Akšamija, Patrick Baumüller / Severin Hofmann und Tatzu Nishi ein Programm, das verschiedene Öffentlichkeiten auf direkte Weise anspricht – auch solche, die üblicherweise nicht in einem Naheverhältnis zur (zeitgenössischen) Kunst stehen. Die Projekte setzen sich mit der symbolisch aufgeladenen Architektur des historischen Gebäudes auseinander, und öffnen die Secession zum städtischen Raum hin. Damit entsteht ein Raum für Kommunikation, der die ProtagonistInnen unterschiedlicher Lebenswelten in einen Dialog treten lässt: Der geschützte (und schützende) artifizielle Rahmen der Kunstinstitution verliert seine hermetische Abgeschlossenheit, die Repräsentation tritt zugunsten der Produktion in den Hintergrund. Die Prozesshaftigkeit der Projekte, im Gegensatz zum erprobten Status quo der Institution in der Tradition des White Cube, eröffnet die Möglichkeit, auch im etablierten kunstinstitutionellen Kontext Diskurse nicht nur aufzugreifen oder fortzusetzen, sondern tatsächlich neue Diskurse zu provozieren.
Azra Akšamija
Kunstmoschee
Die aus Bosnien stammende Künstlerin und Architektin Azra Akšamija setzt sich in ihrer Arbeit mit islamischer Architektur und Religion sowie heutigen Religionsausübungsformen und -identitäten auseinander. Ihre Projekte zeigen unterschiedliche Zustände und Bedürfnisse einer kosmopolitischen muslimischen Generation auf, die sich auf traditionelle Hintergründe der Formen und Funktionen des Islam beziehen, diese aber in einem zeitgenössischen Kontext anwenden. In diese Auseinandersetzung fließen unterschiedliche kulturelle Traditionen und Kunst- oder Architekturformen mit ein. Ein Beispiel dafür ist die von ihr entworfene „Dirndlmoschee“, ebenso wie das aktuelle Projekt, das sich auf die kunst- und baugeschichtliche Tradition der Secession bezieht, deren Struktur und Ornamentik sie aufgreift und in transformierter Form wiedergibt.
Kunstmoschee ist eine multifunktionale, dreidimensionale Teppichlandschaft im Garten der Secession, welche die etablierten Formen islamischer Architektur und die Repräsentation religiöser Identitäten umdeutet. Dabei löst sie auf subtile Weise die territoriale Behauptung sakraler Orte auf: Einerseits wird die modulare Teppichlandschaft durch das Gebet zur Moschee, andererseits, durch soziale Funktionen und Nutzungen, zum Versammlungs- und Kommunikationsraum für Personen mit verschiedenen kulturellen Bedürfnissen. Damit rückt die Installation die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Moscheen zwischen religiösen und säkularen Funktionen, also die Moschee als „sozialen“ Ort, in den Mittelpunkt.
Kunstmoschee dreht sich hauptsächlich um drei Begriffe: Schönheit – basierend auf der islamischen Geometrie als einer räumlichen Übersetzung der islamischen Theorie; Transformation – durch die Reinterpretation der Regeln historischer Moscheenarchitektur in einem zeitgenössischen Kontext; und Flexibilität – gesehen als ein modulares Set aus den Elementen Struktur, Licht und Schattierung, die mit einer speziellen räumlichen Nutzung interagieren. Dies bezieht sich ebenfalls auch auf die variable Typologie der Moschee, die sich flexibel an die jeweiligen architektonischen und programmatischen Elemente der Gebäudekultur unterschiedlicher Länder und Kulturen anpasst bzw. anpassen muss.
Kunstmoschee legt den Fokus auf die verzerrte und politisierte Repräsentation des Islam in Europa, auf die Ästhetik der islamischen Kultur und deren historische Verschränkung mit der christlich/europäischen Ästhetik.
Konzept, Idee und Design: Azra Akšamija
Architektur und konzeptuelle Mitarbeit: Heidi Pretterhofer (Arquitectos)
Baumüller / Hofmann
Die Wursthaberer
Patrick Baumüller und Severin Hofmann stellen mit ihrem Projekt Die WursthabererFragen zur (künstlerischen) Existenzsicherung sowie zu Konsumverhalten zur Diskussion. Baumüller und Hofmann greifen in ihrer Arbeit Alltagspraktiken auf und kehren gewohnte Ordnungen um. Als Die Wursthabererversuchen sie, sich eine dem vergleichsweise unsicheren künstlerischen Dasein ökonomisch einträgliche Parallelexistenz in einer exklusiven Würstelproduktion aufzubauen. Dabei geht es nicht nur um das Experimentieren mit ihnen bislang unbekannten Produktionsformen, sondern auch um soziokulturelle Interaktion wie das Erforschen von wirtschaftspolitischen Zusammenhängen. Nach ihrer mehrjährigen Erfahrung als Wurstproduzenten, die sich bisher auf temporäre Verkaufs- und Präsentationsformen beschränkte, werden sie ihren gegenwärtigen Auftritt in der Secession dazu nutzen, um mit erweiterten Produktionsmethoden zu operieren. Dafür wird im Laufe des Projekts die Produktpalette angereichert. Diese inkludiert ein Wurstrezept ohne Schweinefleisch, um eine respektvolle Annäherung an eine anders begründete Esskultur zu wagen und die BesucherInnen der Kunstmoschee von Azra Akšamija ebenfalls an den Würstelstand einzuladen und umgekehrt.
Als Würstelstand dient den Wursthaberern ein von Andreas Strauss adaptierter Bauwagen, der in Kooperation mit [ dy’na:mo ] ein vitaler Ort der Kommunikation an der Schnittstelle zwischen Kunstpublikum, Stadtöffentlichkeit und Tourismus zu werden verspricht.
Konzept, Idee: Patrick Baumüller, Severin Hofmann feat. Heribert Reich
Konzeption und Adaption Bauwagen: Andreas Strauss
Intervention Gastgarten und Musikprogramm: Peter Nachtnebel und [dy:na’mo] h
Tatzu Nishi
„Hier entsteht ein Hotel“
Tatzu Nishi thematisiert die Secession als historisches Denkmal, indem er die ikonenhafte Blätterkuppel einhausen und diese in ein exklusives Hotelzimmers verwandeln wird, das sich allein dem Blick des Gastes bzw. jenem des Besuchers darbietet. Von außen ist lediglich eine Baustellensituation mit Tafel zu sehen.
geboren 1976 in Sarajevo, lebt und arbeitet in Cambridge, USA.
geboren 1960 in Nagoya, Japan, lebt und arbeitet in Köln.