Sean Snyder
24.2. – 24.4.2005
In seinen Foto-, Video- und Textarbeiten befragt Sean Snyder urbane Räume und deren mediale Vermittlung, die er als Zeichen gesellschaftlicher, ideologischer und wirtschaftlicher Strukturen begreift. Seine Recherchen haben den Charakter von Strukturanalysen, die fallweise städtische Umgebungen als Narrative eines Transformationsprozesses untersuchen. Für seine dichten Verweis- und Beziehungssysteme verwendet Snyder sowohl selbstproduziertes Material als auch aufbereitete Dokumente.
In einem neu entwickelten Projekt thematisiert Sean Snyder Aspekte des Wiederaufbaus der 1963 durch ein Erdbeben fast gänzlich zerstörten Stadt Skopje. Ausgangspunkt ist die einer UN-Resolution folgende, beispielhafte internationale Zusammenarbeit, die ideologische Barrieren hinter sich ließ. Der Masterplan dazu wurde vom japanischen Architekten und Städteplaner Kenzo Tange entworfen, und mehr als 60 Länder stellten in der Krisensituation Gebäude in Fertigbauweise zur Verfügung. Unter diesen Voraussetzungen entwickelte sich eine bemerkenswerte Dynamik von professionellen Planungsmethoden und informeller Umsetzung. Sowohl die Fertigbauarchitektur als auch die improvisierten Strukturen der Vororte sind heute zu festen Bestandteilen der Stadt geworden. Snyders Projekt greift diese Geschichte auf, um das politische und städteplanerische Potenzial des Spannungsfelds professioneller Planung und kollektiver ad-hoc-Realisationen als Modell urbanen Handelns auszuloten.
Darüber hinaus zeigt Sean Snyder ausgewählte Arbeiten der letzten Jahre. Two Oblique Representations of a Given Place (Pyongyang) (2001-2004), stellt zwei filmische Repräsentationen der nordkoreanischen Hauptstadt gegenüber, wobei Szenen aus offiziellen Dokumentarfilmen mit Amateuraufnahmen konfrontiert werden. Das Material der Videoarbeit Analepsis (2003-04) stammt aus über Satelliten empfangenen Fernsehnachrichten. Snyder verwendet die wenige Sekunden langen Aufnahmen, mit welchen Schauplätze etabliert werden, um auf das grundsätzlich offene Bedeutungspotenzial dieser Orte hinzuweisen und entdeckt dabei eine den Nachrichten innewohnende cinematografische Qualität. In der prozesshaft wachsenden Serie Temporary Occupation (2003-04) untersucht Snyder die Umgebung internationaler Militärstützpunkte der US-Armee. Er dokumentiert ehemals okkupierte Gebiete, die Umgebung existierender Basen und mögliche Standorte für neue Stützpunkte in Deutschland, Bulgarien und Japan, wobei sein Interesse insbesondere kulturellen und wirtschaftlichen Veränderungen gilt.
Sean Snyders Arbeiten veranschaulichen inhärente visuelle Codes des städtischen Raumes. Es gelingt so, ausgewählte Fakten lesbar zu machen und scheinbar unbedeutende Ereignisse als Teil einer globalen Geschichte ästhetischer Kultur zu interpretieren.
geboren 1972, lebt und arbeitet in Berlin.