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Rudolf Stingel
23.2. – 15.4.2012

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Rudolf Stingel, Untitled (After Sam), 2006, Installationsansicht, Secession 2012, Foto: Jorit Aust

Rudolf Stingel hat mit seinem künstlerischen Schaffen einiges dafür getan, die Aura des White Cube aufzubrechen. Seit vielen Jahren hinterfragt er die Definition des Tafelbildes und kehrt, diese überschreitend, das Verhältnis von Räumen und Malerei um. Etwa indem er Teppiche legt – wie beispielsweise 1993 bei der Biennale in Venedig, 1994 in der Neuen Galerie Graz, 2004 in der Halle des New Yorker Grand Central Terminals und 2010 in der Berliner Nationalgalerie, deren modernistische Architektursprache von Mies van der Rohe er in die graue Industrieteppichbeschaffenheit hineinwebt und dennoch beim Agra-Muster bleibt. Eine “Domestizierung” (Reiner Zettl) des Ausstellungsraumes ist ebenso spürbar wie ein starker Bezug zu dessen Geschichte und Architektur.

 

Mit seiner Ausstellung in der Secession kehrt Rudolf Stingel in den White Cube zurück und setzt drei Werke in den auratischen Hauptraum, mit dem er in strenger Formalität und dennoch spielerisch Kontakt aufnimmt. “Die drei Bildobjekte folgen in ihrer Positionierung dem griechischen Kreuz des Gebäudegrundrisses und bilden ein verräumlichtes Triptychon”, schreibt Reiner Zettl in seinem Text im Ausstellungskatalog der Secession. Beim Betreten des Hauptraums wird unweigerlich die Assoziation zum Tempel oder Mausoleum, wie das Gebäude der Secession von KritikerInnen zuweilen genannt wurde, hervorgerufen.

 

Das nach einer Fotografie von Sam Samore gearbeitete Selbstporträt Untitled (After Sam) aus dem Jahr 2006 kommt die Funktion eines Hauptaltarbildes zu, während die beiden in den Seitenschiffen positionierten Reliefs Untitled (1631) die Flügel eines Tabernakels andeuten. Die zwei Arbeiten aus schwarzem Gips sind einer barocken Damasttapete nachempfunden, das Muster verweist ebenso auf die dekorativen Elemente des Gebäudes selbst wie auf die Bürgerlichkeit von Wohnzimmern und Institutionen. Anders als bei seinen räumlichen Installationen wählt Rudolf Stingel in der Secession nicht die interaktive Vertraulichkeit. Wenn er Teppiche und Celotex- oder Styropor-Platten, wie u.a. bei der Biennale in Venedig oder im Frankfurter Home Depot als Materialien wählt, sind die BesucherInnen geradezu eingeladen, Spuren auf den Oberflächen zu hinterlassen und so eine kollektive “zeitgenössische Höhlenmalerei” (Massimiliano Gioni) zu schaffen. Das Staunen über die in den Hauptraum der Secession ragenden, fein gearbeiteten floralen Elemente der Reliefs zieht zwar an, lässt aber zugleich ehrfürchtig Distanz und damit die Mitte des Raumes suchen, um die symmetrische Positionierung der Werke auf sich wirken lassen zu können.

 

Von dort fällt der Blick auf das Selbstporträt, einer fotorealistischen Arbeit, die sich in der räumlichen Annäherung als Malerei mit lebendiger Oberflächenstruktur zu erkennen gibt. Erst 2005 hat Rudolf Stingel mit seinem nach einer Fotografie von Robert Mapplethorpe gemalten Porträt der Galeristin Paula Cooper die reine Abstraktion verlassen. Seither folgte eine Serie von Selbstporträts, sie alle ernst und verschmitzt zugleich. Vielfach zeigen sie einen Mann mit melancholischem Blick, der Künstler als einsames Individuum. Dass Rudolf Stingel es hier nicht so ganz ernst meint, sondern vielmehr mit dem tradiierten Künstlerbild brechen will, indem er es abbildet, ist ebenso ein beständiges Charakteristikum seines Schaffens wie die von ihm nicht beantwortete Frage, was denn ein Kunstwerk sei. Bereits 1989 hat er das klar gemacht und seine “Instructions / Instruzioni / Anleitung” publiziert, in der er Anweisungen zur Herstellung seiner abstrakten Malereien gab.




Künstler*innen
Rudolf Stingel

geboren 1956 in Meran (IT), lebt und arbeitet in New York und Meran.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07