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Rirkrit Tiravanjia
5.7. – 1.9.2002

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Rirkrit Tiravanjia, Ausstellungsansicht, Secession 2002, Foto: Matthias Herrmann

Rirkrit Tiravanija bezieht sich in seinem Projekt für die Secession auf das Wohnhaus von Rudolf Schindler in Los Angeles und die dahinter stehenden, sowohl für die Architektur als auch die Kunst bedeutenden Visionen des Architekten. Rirkrit Tiravanija wird eine Rekonstruktion des Studiotraktes des sogenannten Schindler-Hauses im Hauptraum der Secession installieren und diese als Bühne für diverse Aktivitäten nutzen. Im Fokus seines Interesses steht dabei weniger das detailgetreue architektonische Faksimile als vielmehr eine “Animation” der Gedankenwelt Rudolf Schindlers, dessen Konzept von Innen und Außen in Relation zu den Bedingungen von privaten und öffentlichen Räumen. Tiravanija fügt dem seine eigenen Ideen von Beziehungen und Gemeinschaften, die ihm charakteristische Auffassung von Kunst als Untersuchung und Etablierung von “Gut-leben” hinzu. Während ihrer gesamten Laufzeit werden Tiravanija und unterschiedliche Gäste die Ausstellung mit einem multimedialen Programm bespielen, wie Filmvorführungen, Konzerte, Präsentationen und Vorträge.

 

Mit seinem 1921/22 entstandenen Haus in der Kings Road, Los Angeles stellt Rudolf Schindler Gewohnheiten und bisherige Erwartungen an das Wohnen in Frage. Die Definition des Gartens als integraler Bestandteil des Hauses ebenso wie der Schlafplatz auf dem Dach öffnen die etablierten Grenzen des Wohnraums und führen andere und alternative Formen des “Aufenthalts” ein. Zentral sind hierbei die Motive von Bewegung und Reisen. Schindler ersetzt verfestigte architektonische Muster durch fließende Raumstrukturen, in denen sich Innen und Außen verschränken und sich Formen von Geselligkeit und Rückzug spontan und immer wieder neu definieren lassen.

 

Rirkrit Tiravanija greift diese Ideen auf. Er baut Schindlers Wohnhaus als Modell für die Ausstellung in der Secession nach und positioniert das Architekturelement als Plattform und Bühne im hinteren Teil des Hauptraumes. So schickt er Schindlers Haus auf Reisen, wobei er dem Ansatz einer mobilen Lebensorganisation in Schindlers Architektur nachgeht. Er bringt aber auch seine privaten Erinnerungen an den Ort in den öffentlichen Ausstellungsraum der Secession ein.

 

Statt wie Schindler möglichst naturnahe Materialien zu verwenden, baut Tiravanija sein Modell aus Edelstahl. Es geht nicht darum, den Aspekt des Materialgewichts zu betonen und so etwa Solidität zu suggerieren; es ist die Qualität des Spiegelnden, die eingesetzt wird: in den Oberflächen des Stahls reflektieren sich die verschiedenen Aktivitäten, die im Raum vor sich gehen, und bringen damit in ihrer kaleidoskopischen Vervielfachung und Facettierung das “Bild” des Hauses zum Verschwinden. Die Fragmentierung des Geschehens verweist dabei auf die räumliche wie zeitliche Versetzung. Während Ausstellungsraum und architektonisches Modell in der Spiegelung direkt aufeinander treffen, knüpfen andere Elemente an die Ausstellungsgeschichte des Hauptraumes der Secession an, so die erneute Ummantelung der Säulen mit Edelstahl, ein Zitat aus den 1980er-Jahren, oder das große Teppichmöbel, eine Kopie, die sich auf ein Gruppenfoto der Secessionisten von 1902 bezieht.

 

Rirkrit Tiravanija funktioniert den Ausstellungsraum um, indem er ihm potenzielle Lebensentwürfe einschreibt. Angesiedelt zwischen realer Handlung und Utopie ist sein Angebot die Inszenierung einer idealen Lebenssituation, eines Ortes der Geselligkeit und Gastfreundschaft.

Lassen sich die großzügig gruppierten Pflanzen im Ausstellungsraum noch als Metapher eines Gartens verstehen, öffnet eine Glastür den Raum in den tatsächlichen Garten hinter der Secession und schafft so eine direkte Verbindung nach Draußen. Freiflächen und Sitzkissen schaffen Raum für spontane Zusammenkünfte.

 

So setzt Rirkrit Tiravanija neben dem Veranstaltungsprogramm auch die Ausstattung ein, um Handlungsangebote zu machen und die BesucherInnen mit der konkreten Option ihrer Beteiligung zu konfrontieren: sie können den Raum besetzen, für sich als Treffpunkt und Bühne nutzen, sich aber auch ausruhen oder schlafen legen. Sie sind aufgefordert diese Atmosphäre der Begegnung aufzunehmen, das Verweilen gegen das Mobile auszuspielen und sich als AkteurInnen an der Gestaltung kulturellen Raumes zu beteiligen.




Künstler*innen
Rirkrit Tiravanjia

geboren 1961 in Buenos Aires, lebt und arbeitet in Berlin, New York und Bangkok.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07