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Michael Snow
Recent Works
23.2.2012 – 15.4.2013

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Michael Snow, Piano Sculpture, 2009, Installationsansicht, Secession 2012, Foto: Wolfgang Thaler

In Recent Works, seiner ersten Einzelausstellung in Österreich, zeigt der kanadische Künstler Michael Snow fotografische Arbeiten und Filminstallationen aus den vergangenen zehn Jahren. Seine filmischen Werke sind dem österreichischen bzw. Wiener Publikum bereits bekannt, ist er doch seit langer Zeit mit seinen Arbeiten als experimenteller Filmemacher im Österreichischen Filmmuseum vertreten. Anlässlich der Ausstellung sind dort im Rahmen einer Kooperation frühe und selten gezeigte Filme Snows zu sehen.

 

Michael Snow ist seit den 1950er-Jahren professioneller Musiker und begann in den frühen 1960er-Jahren, sich zudem mit Malerei und Bildhauerei zu beschäftigen, um sich sehr bald auch dem Experimentalfilm und der Fotografie intensiv zuzuwenden. Mit dem 1966/67 entstandenen Film “Wavelength” gelang Michael Snow ein “paradigmatisches” (Annette Michelson) Werk der Filmgeschichte, das auch einen Wendepunkt in Snows künstlerischer Entwicklung darstellt. Seit über 50 Jahren arbeitet er nun mit den unterschiedlichsten Medien, wobei er häufig in Zwischenräumen operiert und ein Medium intermedial aus der Perspektive eines anderen ergründet.

 

Die in der Secession gezeigten sieben Arbeiten bieten einen exemplarischen Einblick in das breite Spektrum des Schaffens von Michael Snow. Konsequent untersucht er die Strukturen, Verfahren und Grenzen der verschiedenen Medien. Daran gekoppelt verhandelt er Fragen der Wahrnehmung von Wirklichkeit und Kunst, wobei er stets die “Unberechenbarkeit der Betrachterposition” (Martha Langford*) anerkennt.

 

 

In dem Werk Paris de jugement Le and / or State of the Art, 2003 treffen der Realismus der nackten Betrachterinnen auf dem Foto, die gemalten Akte Cézannes und die wirklichen BetrachterInnen aufeinander. Martha Langford* spricht in ihrem Essay von einer “Inszenierung einer Konfrontation” und weiter: “In komprimierter Form leistet dieses Bild eine Gegenüberstellung von Darstellungsweisen, von handgemachter Abstraktion (Kultur) und mechanisch hergestelltem Realismus (Natur), wobei die Autoritätsschichten auf der fotografischen Oberfläche aus Emulsion und Stoff so gelesen werden können, dass die Natur die Kultur schließlich überdeckt.”

 

Die in direkter Nachfolge von Wavelength stehende Arbeit Solar Breath, 2002 verbleibt wie die Vorgängerarbeit in einer einzigen Kameraeinstellung: Sie zeigt ein Fenster, das von einem seltenen Naturphänomen umspielt wird. Natur und Kultur überlagern sich, wenn zum gewaltigen Blähen und Zurückziehen des Vorhangs die Alltagsgeräusche aus dem Wohnraum hinzustoßen. Das Video wurde nicht nachbearbeitet.

 

In the Way, 2011, ist ein Roadmovie mit Straßenperspektive, gefilmt aus einem Lastwagen. Es ist kaum möglich, der Projektion aus dem Weg zu gehen, sie ist “im Weg”, oder der/die BetrachterIn ist im Weg, schreitet er/sie durch sie hindurch. Aber jede/r kann es auf seine Art machen, “do something my way”, wie Michael Snow schreibt.

 

In The Corner of Braque and Picasso Streets, 2009/2012, filmt eine außerhalb des Gebäudes angebrachte Kamera Bilder aus dem unmittelbaren Außenraum, die auf einer unregelmäßigen, von Sockeln zerklüfteten Projektionsfläche im Ausstellungsraum gezeigt werden. Der Titel der Arbeit verweist auf den ersten Ausstellungsort 2009 in Barcelona, der Geburtsstadt des Kubismus.

 

Die zweite fotografische Arbeit, die in dieser Ausstellung zu sehen ist, Powers of Two, 2003, eröffnet sowohl den Innenraum einer Wohnung als auch einer Liebesbeziehung. Der mathematische Begriff Powers of Two – Zweierpotenz ist für Michael Snow “an appropriate title for a two-sided work featuring a couple”. Lebensgroß sehen wir auf vier frei im Raum hängenden Fototransparenten ein kopulierendes Paar im Schlafzimmer. Der Blick vereint sich schnell mit der Frau, die den/die BetrachterIn lächelnd anblickt. Oder betrachtet sie den Sonnenauf- oder Untergang, der sich in der Aufnahme spiegelt? Die Zeit steht still, und doch wissen wir, wie es weitergeht. Das Unbehagen mischt sich mit der Neugier des Voyers, und die Frage, was auf der anderen Seite zu sehen ist, stellt sich unmittelbar. Der Fotograf als Täter und Konservator, der/die BetrachterIn als MittäterIn, als Wissende/r und schließlich als Teil des Bildes.

 

In der Videoinstallation Piano Sculpture, 2009,  ist Michael Snow als Pianist zu sehen. Vier Projektionsflächen bilden einen Klang- und Bildraum, vier Mal hat der Musiker dasselbe Stück gespielt, jedoch immer anders improvisiert. Die Differenzen in Klang und Bild überlagern und verdichten sich. Es stellen sich die Fragen nach Zeit, Synchronisation und Wiederholung; es kann aber auch einfach eine intensive sinnliche Wahrnehmung sein, die Piano Sculptureerfahren lässt.

 

SSHTOORRTY, 2005, eine Kurzgeschichte noch kürzer gemacht: Sowohl der Titel (“short” und “story”) als auch das filmische Material (35-mm-Film) überlagern sich, ebenso wie die ProtagonistInnen zuweilen übereinander liegen – “Transparency over transparency”, wie es Michael Snow nennt und weiter: “The work is a moving picture about a moving picture”. Das Ende des kontinuierlichen Dramas ist im Anfang schon erkennbar, davor und danach verschwimmen im Moment.

 

In Kooperation mit dem Österreichischen Filmmuseum, Wien

 

*Martha Langford, “Übertragung, Migration, Faszination: Die bewegten Bilder des Michael Snow”, in: Michael Snow. Recent Works, Ausstellungskatalog, Secession, Wien 2012.

 

 




Künstler*innen
Michael Snow

geboren 1929 in Toronto, wo er heute lebt und arbeitet.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07