Mary Heilmann
All Tomorrow's Parties
4.7. – 7.9.2003
Die Bilder von Mary Heilmann nehmen im Genre der abstrakten Malerei eine Sonderstellung ein. Während autobiografische Momente oftmals einen Ausgangspunkt für die Arbeiten liefern, zitieren die reduzierten Formen und die Wahl von expressiven Farbkompositionen immer wieder Elemente unterschiedlicher Lifestyle- und Designkulturen aus den letzten Dekaden. Stilistische Anleihen finden sich beim Abstrakten Expressionismus, bei der Pop Art und der geometrischen Malerei. Die persönlichen Erinnerungsräume, die Mary Heilmann in ihre Arbeiten einfließen lässt, werden durch die assoziativen Bildtitel angedeutet.
Die Ausstellung in der Secession, die ihren vor kurzem verstorbenen Galeristen Pat Hearn und Colin de Land gewidmet ist, umfasst 30 Arbeiten aus den späten 1970er-Jahren bis heute und zeigt Malerei, Keramikbilder und eine Serie von speziell entworfenen Holzstühlen mit farbig gewebten Sitzflächen. In dieser Kombination unterschiedlicher Praktiken verweist die Künstlerin nicht nur auf ihren eigenen, über die Analyse eines Mediums hinausgehenden Umgang mit abstrakter Malerei, sondern auch auf ihren Bezug zu Bildhauerei.
Mary Heilmann, die in den 1960er-Jahren in Berkeley Keramik und Skulptur studierte, stand früh in engem Austausch mit Künstlern wie Gordon Matta-Clark, Bruce Nauman und Keith Sonnier. Erst in New York, zu Beginn der 1970er-Jahre, wechselten ihre Auseinandersetzungen und Experimente mit Materialien und Formen (der Dematerialisierung) – gegen den allgemeinen Trend, der eher im Minimalismus lag – in das Feld der abstrakten Malerei.
In den frühen Arbeiten, in denen Mary Heilmann vor allem Acryl auf Leinwand verwendet, dominieren Raster und Gitterstrukturen, die sie aus dem Interesse an prozessorientierten Skulpturen, aber auch als Gegenreaktion auf deren traditionell definierte Nüchternheit und Strenge neu interpretiert. Durch die für die Künstlerin charakteristische Bearbeitung von Bildfläche und Bildraum, der Verwendung reduktiver malerischer Verfahren und eines elementaren geometrischen Vokabulars greifen visuelle und taktile Bildkonzeptionen ineinander. Mit einem ausgeprägten Sinn für Farben tariert Heilmann Kreise, Linien und Vierecke in kraftvollen Kontrasten aus. Oft sind die Ecken und Kanten der Leinwand in die Motive einbezogen. Durch häufiges Übermalen verstört Heilmann das Gleichgewicht der Farben, steigert aber gleichzeitig damit deren Leuchtkraft. Seit Ende der 1980er-Jahre setzt Mary Heilmann vermehrt Öl auf Leinwand ein und entwickelt die Überlagerung von malerischen Ebenen zu komplexen Raumgefügen. Ihr Einsatz von objekthaften Leinwänden, “shaped canvas”, unterstreicht die Intention, Dialoge mit der Architektur zu eröffnen.
Auch wenn Mary Heilmann in ihren Arbeiten die Formensprache der Geschichte der Abstraktion und des Minimalismus zitiert, so steht nicht die Analyse von Form und Inhalt im Vordergrund, sondern das Durchspielen dieser Stilelemente, um über ihre Logik hinauszuweisen.
Neben der Einbindung von biografischen Momenten stehen die Arbeiten von Mary Heilmann in einem Naheverhältnis zu Film und Musik und Literatur. In dem Buch The All Night Movie (1999) erzählt sie ihre Lebensgeschichte und beschreibt den Kontext, aus dem heraus ihre Bilder entstehen und welchen sie zitieren. The All Night Movie kombiniert Anekdoten aus ihrem privaten Leben mit Entwicklungen in der eigenen Karriere, berichtet von KünstlerInnen-Szenen und wechselnden Perspektiven auf den Kunstmarkt.
geboren 1940, lebt und arbeitet in New York.