Manfred Willmann
27.2. – 27.4.2003
Der österreichische Fotograf und Herausgeber der Zeitschrift “Camera Austria”, Manfred Willmann, zeigt in der Secession die beiden Fotozyklen Das Land (1981–1993) und Oman (1997). Die Fotoreihen sind im Dokumentarischen angelegt und gehen doch über das reine Registrieren von Erscheinungen hinaus. Manfred Willmanns Intention ist es, über das Regelhafte des Genres hinauszugehen: “Ich möchte dem Zeitgefühl voraus sein. Ich möchte die Dinge schöner zeigen als sie sind, oder hässlicher”. (Manfred Willmann)
Jede Fotografie ist ein Dokument. Allerdings hat der Diskurs die Definition von Fotografie als unvermittelte Übertragung von physischen Erscheinungen schon lange verlassen. Wir nehmen inzwischen als gegeben hin, dass die Kamera durch die Übersetzung des Realen in das Bildhafte ideologisch besetzte Repräsentationen produziert. Gerade Dokumentarfotografie ist oft von dieser Wahrnehmung und Instrumentalisierung determiniert.
Manfred Willmann hingegen ist Vertreter einer Richtung der Dokumentarfotografie, die sich einer ideologischen Vereinnahmung entzieht. Seine Fotografie ist eine konzeptuelle, die sich des dokumentarischen Stils lediglich als Geste bedient.
In der Galerie der Secession sind ca. 135 Fotografien aus dem Zyklus Das Land zu sehen. Die Auswahl basiert auf dem gleichnamigen Buch, das 2000 in der Fotohof Edition (Salzburg) erschien, sowie einigen bisher nicht publizierten Fotografien aus der gleichen Serie. Die Bilder, die in loser Folge entstanden, zeigen Aufnahmen aus der Südsteiermark. Das Spektrum der Darstellungen ist groß, bestimmte Motive kehren allerdings immer wieder: Menschen bei unspektakulären, alltäglichen Verrichtungen; arbeitend, sich reinigend, essend, feiernd, Karten spielend; Tiere, lebend, tot, geschlachtet; die Orte ländlichen Lebens und deren Details: Küchen, Essen, Speisereste; Lokale, Kirmessituationen, und dazwischen immer wieder Landschaftsaufnahmen der Südsteiermark.
In den Fotografien wechselt Willmann zwischen Landschaften und Details, Personen und Stillleben. Den Fotografien ist anzumerken, dass Willmann sich seinen Objekten nicht als Außenseiter genähert hat. Die Steiermark, Lebensort des Fotografen, wird nicht aus einem städtischen Blick heraus als “Exotisches” konstruiert, sondern als Lebensraum dokumentiert. Das Land ist weniger Thema als Motiv.
Die künstlerischen Eingriffe erfolgen in Willmanns Fotografien nicht in der Ausarbeitung, sondern in der Aufnahme. Die Bilder sind nicht bearbeitet und das einheitliche Format der Abzüge von 70 x 70 cm entspricht den 6 x 6 cm des Dias. In den Aufnahmen interveniert Willmann, vielleicht auch, um sie einer eindeutigen Lesbarkeit zu entziehen, beim Licht und der Perspektive. Sehr oft verwendet er ein spezielles Blitzlicht, dass die Figur, ob einen Menschen, eine Kuh oder Äpfel am Baum, aus dem Hintergrund auf eine Weise herausreißt, durch die die ganze Szene eine andere Aufladung erfährt.
Im Grafischen Kabinett der Secession sind Fotografien aus der Serie Oman zu sehen. Diese Fotografien von 1997 sind im zentralen Unterschied zu Das Land während einer Reise entstanden und panoramatisch aufgenommen worden. Die Bilder, im Format von 80 x 160 cm, vermitteln einen anderen Zugang als den von Reisefotos oder Fotografien für ein geografisches Magazin; Willmanns Blick reicht über ein spezifisches Land hinaus. Willmann räumt dem Horizont eine zentrale Rolle – er ist immer genau in der Mitte des Bildes positioniert – ein. Die Serie Oman war bisher nur in Zagreb und in Trier zu sehen und wird nun in der Secession zum ersten Mal in Österreich gezeigt.
Sei es durch den Einsatz von Blitzlicht in Das Land oder durch die Wahl der panoramatischen Darstellung bei Oman, es gelingt Willmann, weder einer einseitigen Darstellung des Gegebenen noch der Gefahr eines auratischen Pathos, die jene mit sich bringen würde, in die Falle zu gehen.
geboren 1952 in Graz, lebt und arbeitet in Graz.