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Manfred Erjautz
14.2. – 14.4.2002

https://secession.at/items/uploads/images/1661941068_s98FKVYTif.jpeg
Manfred Erjautz, Ausstellungsansicht, Secession 2002, Foto: Matthias Herrmann

Die Arbeiten von Manfred Erjautz verhandeln die Erfahrungen des Individuums innerhalb sich ständig verflechtender und gegenseitig irritierender Bereiche wie Innen und Außen, Privat und Öffentlich, und unternehmen kompensatorische Versuche, eine Positionierung der eigenen Person in diesen Feldern zu etablieren und damit einer konstatierten Überforderung entgegen zu stellen.

 

In Weiterführung früherer Arbeiten, die mit akkumulativ verwendeten Logos auf die mögliche Leere ästhetischer Codes hinweisen, hat Manfred Erjautz für die Ausstellung in der Secession sein eigenes Logo entwickelt. Eine aus seinen Initialen ME gebildete Neonlampe hängt am Fuß einer Straßenleuchte, welche die Dachkonstruktion der Secession durchstößt. Durch die paradoxe Beleuchtungssituation erscheint gleichnishaft als schwacher Schatten des ME ein WE auf dem Fußboden. Das Ich projiziert selbst eine Gemeinschaft, die es zugleich überstrahlt. Welche Dimension hat die Persönlichkeit im Verhältnis zur Öffentlichkeit und wie konstruiert sich Öffentlichkeit, wenn jede Diskretion um die Person verschwindet? Wie kann man sich in einer Welt scheinhafter Beziehungen und Verhältnisse positionieren und bewegen?

 

Im Sinne dieser Fragen ist die Intervention zu sehen, die Erjautz im Ausstellungsraum vornimmt. Indem die Tür in der hinteren Wand des Hauptraumes durch eine Glasscheibe ersetzt wird, erfährt der Raum eine Öffnung und Erweiterung. Der Blick wird so auf einen im Außenbereich platzierten Marmorschneemann freigegeben. Die Suggestion von Nähe, die scheinbare Möglichkeit des Zutritts zum Garten und die gleichzeitige unüberbrückbare Distanz, die durch diesen architektonischen Eingriff geschaffen werden, finden ein Pendant in der Außenskulptur Gefangen in der Gegenwart.

 

Der den Hauptraum durchschneidende Ausblick wird kontrapunktisch mit großformatigen Fotografien, die unter anderem Fenster- und Türsituationen zeigen, weiter geführt. In ihrer skulptural-architektonischen Formation konstruieren sie eine komplexe Räumlichkeit, die den fixierten Betrachterstandpunkt der Zentralperspektive auflöst. Die atmosphärisch lichtdurchtränkten Passagen sind das Ergebnis eines langen Bildfindungsprozesses, in dem Manfred Erjautz seine Motive zunächst zeichnend notiert, bevor er in der Realität nach einer Entsprechung sucht und diese dann fotografisch festhält. In ihrer diffusen Modulation und Unschärfe demonstrieren die Bilder, wie sehr die Welt draußen Reflex der eigenen Imagination ist und sie nicht mehr mit dem Blick des Wissenden aus dem Denkraum heraus zu fokussieren ist.

 

Auflehnung gegen ein nicht zu greifendes Außen und sich in Gewalt äußernde Wut als Reaktion auf die verletzte Schutzzone des Privaten thematisiert die Diaserie Gunshot. Ohne erkennbaren Gegner schießt der Künstler in seinem Studio mit einem von ihm gebauten Legogewehr um sich, bis er schließlich von einem Rückschlag, dessen Ursprung nicht geklärt wird, getroffen zu Boden sinkt. Wenn sich kein Gegenüber demaskieren lässt, ist das Resultat Erschöpfung, verbraucht sich der Kraftakt, bleibt die Kugel im Nichts stecken.

 




Künstler*innen
Manfred Erjautz

geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07