Maja Vukoje
3.3. – 23.4.2006
Maja Vukojes malerisches Vorgehen basiert auf einer Doppelstrategie: Aus einer figurativen Anlage heraus und immer auf der Basis von bereits mediatisiertem Material, entstehen Bilder von Landschaftsszenerien und maskenhaft wirkenden Figuren. Über diese Motive breitet sich eine Sphäre des Unheimlichen und einer sich in Auflösung befindlichen physischen Präsenz, die auf eine neue Gegenständlichkeit in der Malerei verweist, mit der sich Vukoje auseinandersetzt. Eine Auswahl ihrer großformatigen Malereien und Zeichungen der letzten zwei Jahre zeigt sie in der Galerie der Secession.
Maja Vukoje verführt die BetrachterInnen ihrer Bilder mit Szenerien, die sich der Empathie des Kitsches gleichzeitig öffnen und verschließen: Das Reh im Wald, ein Mädchen im Ballettkleid und afrikanische Kinder stellen sich auf den ersten Blick als leicht zugängliche, weil aus der Massenkultur nur zu bekannte Motive dar. Vukoje allerdings stört diese Bilder, indem sie sie mit anderen montiert und so die linearen Strukturen zersetzt. Den einzelnen Arbeiten legt sie meist drei bis vier verschiedene Bildquellen zugrunde und fügt diese zu einer eigenen Narration zusammen.
Diese inhaltliche Fragmentierung wird in der malerischen Umsetzung durch skizzenhafte Andeutungen unterstrichen. Die gleichzeitige Verwendung unterschiedlicher Techniken – Sprühfarben neben Acryl und Öl, Tropfspuren und Schlieren neben kraftvollen Pinselstrichen, erdige Aquarelltöne neben Giftgrün und Neonorange – erzeugen die notwendige Spannung zwischen Konkretem und Abstraktem. Beinahe fluoreszierende Farben lassen die figurativen Elemente zu schweben beginnen, bis sie sich wie Schatten von Dingen durch den Bildraum bewegen, immer an der Grenze, sich aufzulösen.
Bezeichnend bei Vukoje ist, wie Situationen vexierbildartig umschlagen, wenn etwa zwischen einer idyllisch am Seeufer versammelten Gruppe Flamingos schemenhaft zwei Männer mit einer Motorsäge erscheinen. Solche Visionen, imaginierte Erfahrungen und Déjà-vus bieten immer wieder Anregungen für Vukojes Bilder. Ihre Arbeiten sind von einer vielschichtigen Inhaltlichkeit bestimmt, beispielsweise der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, wie sie sich am prägnantesten in den gezeichneten Selbstportraits ausdrückt.
Die Zeichungen greifen Motive, Symbole und Ideen der Malereien wieder auf. In einer comicartigen Situation stellt sich Vukoje als weibliche Heldin dar – eine Metapher für die Suche nach allgemein gültigen Aussagen. So wie in den Malereien bereits erkennbare Figuren verfremdet werden, steht auch diese Figur für Bedeutungsverschiebungen jenseits der Klisches von Gut und Böse.
Die Inszenierungen verweisen sowohl auf einen filmischen Kontext als auch auf den des Theaters, den Vukoje für ihre Figuren immer wieder neu entwirft: wahlweise an Wald, Steppe, Dschungel oder Sumpf erinnernde Landschaften verstärken die Bühnenhaftigkeit des Geschehens durch ein Gefühl der grundlegenden Ortlosigkeit. In dieser gilt es, Form und Figur zu entschlüsseln; dementsprechend bezeichnet Vukoje ihre Arbeiten auch als „Sisyphos-Bilder“. So bietet ein Mädchen in der Wüste mit einer Schaufel und drei vertrockneten Ästen im Hintergrund verschiedene Deutungsmöglichkeiten an: Wie tief kann man graben? Was wird überhaupt gesucht?
Hier erschließen sich die vielfältigen Verweise der Quellen, z.B. zu Dostojewskis literarischen Werken einer Psychologie der unbewussten, weichen Übergänge. Vukoje zitiert phantastische (Bild-)Inhalte und Szenarien traumartiger Sequenzen und die entsprechende Forderung: „Das Phantastische rechnet also immer schon mit einem aktiven Rezipienten, dem phantastikos.“ (Melanie Ohnemus)
geboren 1969 in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Wien.