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Kris Lemsalu
Keys Open Doors
16.11.2018 – 20.1.2019

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Kris Lemsalu, Keys Open Doors, Ausstellungsansicht, Secession 2018, Foto: Maximilian Anelli-Monti, Courtesy of the artist und Temnikova & Kasela Galerie

Die estnische Künstlerin Kris Lemsalu schafft in ihren vielschichtigen Skulpturen, Installationen und Performances Verschmelzungen von Tieren mit Menschen, Natürlichkeit mit Künstlichkeit, Schönheit mit Abstoßung, Leichtigkeit mit Schwerkraft, Leben mit Tod. Mithilfe traditioneller Techniken und Methoden kombiniert sie Tierkörper und Objekte aus Porzellan mit gefundenen (Natur-)Materialien wie Fellen, Leder, Muscheln, Wolle oder Papier und entführt uns mit ihren inszenierten Installationen in eine Welt der Fantasie.

 

Lemsalus vielseitiges Werk, das zahlreiche Medien und Produktionsweisen umfasst, beinhaltet unterschiedliche Elemente aus Performance, Fundstücken, handgefertigten Arbeiten und Musik. Die multimedialen Produktionen zeugen von Liebe zum Detail, lassen Sozialkritik anklingen und zeigen Spannungen zwischen Genderpolitik, Kunstproduktion, Natur und Kunsthandwerk auf. Die ästhetische Zerbrechlichkeit ihrer Keramik trifft auf Kombinationen aus kräftigen Farben und Formen, die dem Betrachter ein starkes Bild darbieten. Lemsalu ist fasziniert von der Möglichkeit, Objekte herzustellen, die nicht ästhetisiert sind – ihre konkrete Präsenz ist narrativ und nicht repräsentativ. In ihren Selbstportraits erfindet sie sich oft als Wesen mit männlichen und weiblichen Merkmalen und schafft so eine neue Realität um sich herum, die ihr Aussehen und ihren Charakter ständig ändern kann.

 

In dem Bestreben, keine Distanz zwischen ihr und den Objekten zu wahren, dienen Lemsalus Installationen nicht nur als in sich eigenständige Konstruktionen, sondern auch als Bühne für ihre Performances, in denen die Skulpturen Teil ihrer Kostüme werden, wie sie mit ihrer Installation Whole Alone 2 auf der Kunstmesse Frieze New York im Jahr 2015 gezeigt hat. Das Werk, vielleicht ihr bekanntestes, besteht aus einem großen Schildkrötenpanzer aus Keramik, der auf einem Wasserbett ruht. Die Künstlerin selbst lag während der gesamten Ausstellungsdauer von fünf Tagen jeweils acht Stunden pro Tag regungslos in dem Schildkrötenpanzer: in der Mitte von allem, aber doch versteckt, ein zarter Körper, der durch seine harte zweite Haut starr wurde. Die Arbeit ist eine Art Kostüm, die als Versteck dient, sich aber im öffentlichen Umfeld von Käufern und Verkäufern, Menschen aus der Kunstszene und Touristen bewegt.

 

„Some works somehow demand my bodily presence”, antwortet sie auf die Frage, wieso sie in einige, aber nicht alle ihrer Arbeiten schlüpft. „When the installations get bigger and bigger, sometimes I feel like my body is necessary as a material to balance it.” Dieses Gleichgewicht sowie die ständige Wechselwirkung zwischen Schwere und Leichtigkeit, zwischen Stabilität und Zerbrechlichkeit spielen eine große Rolle in ihren Arbeiten, in denen keine Hierarchie der Materialien herrscht und es keinen Unterschied zwischen Dingen und Körpern gibt.

 

Zuletzt hat Lemsalu mit Musikern zusammengearbeitet und ihren Performances so ein weiteres Element hinzugefügt. Ihre gemeinsam mit dem in New York lebenden Künstler und Musiker Kyp Malone geschaffene Live-Performance Going, going, in der Skulpturen, Animationsvideos, Musik und gesprochene Worte miteinander verschmelzen, feierte im Rahmen der Biennale Performa 17 in New York Premiere. Mit der Sängerin Glasser trat sie 2017 im Rahmen des DRAF Evening of Performances in London auf.

 

Lemsalus performative Skulpturen und skulpturale Performances nehmen oft Bezug auf antike Mythologien und Rituale unterschiedlicher Kulturkreise. In ihrer Ausstellung Keys Open Doors im Grafischen Kabinett der Secession platziert sie zwei Wächterfiguren, die Sumo-Ringern ähneln, an beiden Seiten des verhüllten Fensters, welches als Tor in eine andere Welt, als Weg ins Licht gestaltet ist. Mit ihrer einzigartigen Bildsprache verwandelt sie den Raum in eine Bühne. Die Fabelwesen sind sowohl gesichtslose Körper wie auch körperlose Gesichter, sowohl VerwalterInnen wie auch Aufsichtspersonen; in ihren Händen und in ihrer Verantwortung liegen die Schlüssel und damit auch die Entscheidungs­gewalt.

 




Künstler*innen
Kris Lemsalu

geboren 1985, lebt und arbeitet in Tallinn, Estland und Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Annette Südbeck (Secession)

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07