Korakrit Arunanondchai
13.9. – 10.11.2019
Der Künstler und Filmemacher Korakrit Arunanondchai richtet in einem einzigen umfangreichen Werkkomplex das Augenmerk auf die Idee eines „lebenden Archivs“. Sein Interesse gilt dabei Beziehungen, die lange Zeit fortdauern und sich mit den Menschen und ihren Körpern verändern. Diese weisen eine Parallele zur Entwicklung der Geschichtsschreibung auf ohne jedoch an deren Linearität und zentraler Erzählperspektive festzuhalten. Die Hauptfigur seiner fortlaufenden Videoreihe with history in a room filled with people with funny names (2012 – ) ist ein erfundener Maler, der stets Denim als Malgrund verwendet und damit ein Gewebe, das unterschiedliche Welten und Kontexte verbindet: Denim ist ein Material, das aus dem Westen kommt, als Stoff der Arbeiterklasse populär wurde und schließlich als eine Art Globalisierungsmaschine die Welt eroberte. Der Künstler sieht darin eine Parallele zur nicht grundierten Leinwand und deren Bedeutung für die westliche abstrakte Malerei. Der Jeansstoff dient ihm als Grund(lage), im wörtlichen Sinne für seine Malereien, die durch Action bzw. Body Painting entstehen, wie auch als narratives Element in seinen Filmen, in denen die DarstellerInnen alle Denim tragen. Zu diesen zählen langjährige FreundInnen, KollegInnen sowie Familienmitglieder des Künstlers, insbesondere seine Großeltern.
Alle zwei Jahre wird die Videoreihe durch eine neue Episode aktualisiert und wird so zu einem Archiv der Gedanken und Gefühle, in dem wichtige Ereignisse und Menschen im Leben von Arunanondchai lebendig gehalten werden. Die ProtagonistInnen von with history in a room filled with people with funny names agieren in unterschiedlichen Umgebungen und Situationen, die auf natürliche Lebensräume im Zeitalter des Anthropozäns und technologischen Fortschritts ebenso verweisen, wie auf die im Wandel befindlichen Vorstellungen von Politik, Kultur und Tradition. Diese Textur, die verschiedene emotionale Zustände und verschiedene geographische Kontexte zu einem Ganzen verbindet, ist beim Betrachten der Videos spürbar.
Vielfach kombiniert Korakrit Arunanondchai Film, Performance, Malerei und skulpturale Objekte in eindringlich opulenten Installationen. In jüngerer Zeit ist der Künstler dazu übergegangen, strukturelle Beziehungen, die animistischen Vorstellungen zugrunde liegen, mit jenen des globalen Informationsnetzwerkes zu überlagern. Animismus, das älteste Glaubenssystem der Welt, das außerhalb des Westens auch heute noch sehr präsent und lebendig ist, hat laut Arunanondchai eine gewisse Ähnlichkeit mit der Art und Weise, wie Netzwerktechnologien Menschen in Geister verwandeln. Die Geschichte der nahen Zukunft wird zu einer Version einer Erzählung aus einer fernen, imaginierten Vergangenheit, wie sich auch die Dichotomie von Spiritualität und Technologie zunehmend in Graustufen aufzulösen scheint, sodass eine multiple „gemeinsame Gegenwart“ hergestellt werden kann.
Das Grafische Kabinett verwandelt Arunanondchai in eine Black Box, in der er die drei Videoarbeiten 2556 (2013), Painting with history in a room filled with people with funny names 3 (2015), und with history in a room filled with people with funny names 4 (2017) zeigt. Als Hommage an das Blätterwerk der goldenen Kuppel der Secession wiederum installiert er im Stiegenhaus eine Art florale Tapete aus in Wien gesammelten und gepressten Wildblumen und -kräutern. Vor diesem Hintergrund werden eine Reihe neuer Bilder präsentiert, die sich auf Stills aus den gezeigten Videos beziehen.
geboren 1986 in Bangkok, lebt und arbeitet in New York und Bangkok.