


Klub Zwei
in Zusammenarbeit mit
15.9. – 13.11.2005
Seit 1992 arbeiten Simone Bader und Jo Schmeiser als Kollektiv Klub Zwei. Zwischen Kunst, Film und neuen Medien angesiedelt, leisten ihre Arbeiten eine kritische Auseinandersetzung mit Migration, Rassismus und Antisemitismus und der Form ihrer Darstellung in den Medien und der Öffentlichkeit. Klub Zwei analysieren Repräsentationsordnungen, weil strukturelle Veränderungen immer auch mit Sichtbarkeit bzw. Sichtbarmachung einhergehen. Gleichzeitig reflektieren Klub Zwei die eigenen Produktionsbedingungen und entwickeln egalitäre Modelle der Zusammenarbeit, die das Schema der autoritären AutorInnenschaft verlassen. Für ihre Ausstellung in der Secession haben Klub Zwei drei Videoinstallationen entwickelt, die – in Fortsetzung ihres jüngsten Film- und Buchprojektes Things. Places. Years. – die Folgewirkungen der Shoah auf nachgeborene Generationen und die nachhaltige Präsenz des Verlusts untersuchen.
Die Installation Phaidon. Verlage im Exil / Phaidon. Presses in Exile im Kreuzraum der Galerie thematisiert die Geschichte des ursprünglich in Wien ansässigen Phaidon Verlags. Der 1923 von Béla Horovitz, Ludwig Goldscheider und Fritz Ungar gegründete Verlag spezialisierte sich ab 1933 auf Publikationen zu Kunst und Kunstgeschichte. Sein Erfolg beruhte auf dem verlegerischen Mut, Bücher von hoher Qualität in hohen Auflagen und zu für eine breite Öffentlichkeit erschwinglichen Preisen anzubieten. Bereits in den 1930er Jahren forcierte Horovitz internationale Kooperationen mit englischen und amerikanischen Verlagen. Darauf aufbauend konnte er den Verlag 1938 pro forma an den englischen Verlag George Allen & Unwin verkaufen, so dass Phaidon vor der Arisierung gerettet werden konnte. Wenig später emigrierte Horovitz mit seiner Familie ebenfalls nach England. Es gelang ihm nicht nur, den Nationalsozialisten zu entkommen, sondern auch weiterhin als Verleger tätig zu sein und seine Bücher in NS-Deutschland und -Österreich zu vertreiben.
Exemplarisch zeigt sich diese Geschichte an dem Buch Zeitlose Kunst von Ludwig Goldscheider, das 1934 in Wien und drei Jahre später unter dem Titel Art without Epoch in London erschien. Die Auswahl der Kunstwerke, welche die Moderne einbezieht, die grafische Gestaltung und die Typografie offenbaren das international orientierte Selbstverständnis des Verlags. Die im Titel und für den Text verwendete Schrift Grotesk wurde Anfang des 19. Jahrhunderts entworfen und im 20. Jahrhundert von den Bauhaus- GrafikerInnen zur Futura weiterentwickelt: Bereits zur Zeit des Ständestaates stand sie in deutlicher Opposition zu der von den Deutschnationalen propagierten Fraktur Schrift und der damit einhergehenden Ideologie.
Die Installation kombiniert Interviews – mit der Tochter von Béla Horovitz, Kunstverlegerin Elly Miller, und seiner Enkelin, der Autorin und Herausgeberin Tamar Wang, sowie mit Ursula Seeber, der Leiterin der Exilbibliothek des Literaturhauses in Wien – mit Schriftbildern, den typografisch gestalteten Übersetzungen, sowie zusätzlichen Anmerkungen, die im Raum selbst ein Nebeneinander finden. Klub Zwei erinnern nicht nur an die kosmopolitischen und ästhetischen Ansprüche des Verlages, sie verbildlichen auch eine Folge der Emigration: den Verlust der Sprache und das gleichzeitige Fortbestehen des kulturellen Zusammenhangs.
Interviewpartnerinnen der zwei anderen, zusammenhängenden Installationen Verlust / Loss und Antworten geben können / Response Ability sind Katherine Klinger und Ruth Sands – beide arbeiten am Institute of Contemporary History & Wiener Library London – und Hannah Fröhlich, die in der Kultusgemeinde Wien tätig ist. Ausgangspunkt der in Wien geführten Gespräche ist die durch die Geschichte des Nationalsozialismus und der Shoah geprägte Wahrnehmung der Stadt. Die InterviewpartnerInnen thematisieren, wie sich Vertreibung und Vernichtung unrevidierbar in die Stadt Wien eingeschrieben haben. U. a. wirft das Projekt Fragen danach auf, welche unterschiedlichen Standpunkte die Nachkommen – der Überlebenden bzw. der TäterInnen(gesellschaft) – einnehmen und auch einnehmen müssen, welches Wissen die Eltern- bzw. Großelterngeneration an sie weitergegeben hat, wie sie mit diesem Wissen umgehen und wie es ihr Leben, ihre Haltungen und Handlungen in der Gegenwart prägt.
Gegründet 1992. Simone Bader und Jo Schmeiser leben und arbeiten in Wien.