menü
de / en

Josephine Pryde
Valerie
26.11.2004 – 30.1.2005

https://secession.at/items/uploads/images/1661938985_ruU5imoGVFHs.jpeg
Josephine Pryde, Valerie, Ausstellungsansicht, Secession 2004, Foto: Matthias Herrmann

Josephine Pryde macht Ausstellungen, die den Versuch unternehmen, ihre eigenen Produktionsbedingungen auszustellen, wobei der Wunsch, eine solche Vorgabe einzulösen, mit thematisiert wird. Ihre Fotografien und Skulpturen reaktivieren Techniken und Konzepte aus einer Vielfalt von Bereichen wie Modefotografie, Naturwissenschaft und Kunstdruck, und funktionieren in einer mehr oder weniger engen Verbindung zu den spezifischen Umgebungen und den sie begleitenden Beziehungen.

 

Während einer möglicherweise unendlichen Periode selbst beweihräuchernder Ambivalenz kann es ebenso falsch sein, Neuartigkeit oder Frische behaupten zu wollen wie auch einen Rückzug in allgemeine Stagnation anzutreten. Das altehrwürdige künstlerische Mittel des verunstalteten Verweises darf in diesem Kontext wieder eingeführt werden, wenn auch nur kurz und als ein kritisches Instrument. Da die Fluchtwege, die einstmals von kreativer Ablenkung versprochen worden waren, gleichzeitig mehr und mehr verstopft werden, stellt sich doch die Frage, was eine Kunstausstellung als temporäre Konzentrationsanstrengung überhaupt leisten kann.

 

Die Fotoarbeiten Relax (blue) (2004) und Relax (grey) (2004), die speziell für die Ausstellung in der Secession entstanden, zeigen in zwei Schritten, wie eine Farbmasse durch die Luft fliegt und im nächsten Moment auf einem Auto landet. Das fragliche Auto ist ein weißer Honda Prelude 20 Ex, und sein Schatten, ein weiterer Prelude, in grau.

 

Wie sieht die fliegende Farbe denn aus? Und wie sieht eine handvoll klebenden Gelbs aus, wenn dessen Trocknungsprozess über eine Zeitspanne von 36 Stunden aufgezeichnet wird, wie das in der 13-teiligen Fotoserie A Moment Away from Pressure (2004) der Fall ist? Fotografie als Mittel zu verwenden, etwas zu sehen, das dem bloßen Auge verborgen bleibt, heißt, das Universum so umzueichen, dass es innerhalb unserer Wahrnehmungsgrenzen fällt. Da aber ein solches Vorgehen keineswegs eine neue Erfahrung in der visuellen Kultur ist, wird es für Valerie eher als automatisierte Reaktion verwendet, so als ob unsere Wahrnehmungsgrenzen derartig umgeeicht werden sollten, dass sie innerhalb des Universums fallen.

 

Die lange Skulptur Chains (2004) ist ein offensichtliches Remake von Eva Hesses Arbeit Untitled (Rope Piece) aus dem Jahr 1970. Josephine Pryde ersetzt die sorgfältig hergestellten, latexüberzogenen Seile durch ölige, gebrauchte Fahrrad- und Motorradketten. Da Untitled (Rope Piece) wahrscheinlich zu fragil ist, um jemals wieder ausgestellt werden zu können, stellt der Gebrauch von Ketten einen Weg dar, das sich im wörtlichen Sinne auflösende Originalwerk zu stabilisieren, während er gleichzeitig Projektionen von Geschlechtsspezifität auf die Eigenschaft der verwendeten Materialien untergräbt.

 

Schließlich erinnert ein Paar solarisierter Portraits der Künstlerin Lucy McKenzie an die Dunkelkammerexperimente von Lee Miller und Man Ray – wobei wir hier nicht vergessen dürfen, dass es der Legende nach Miller war, die zuerst das Licht in der Dunkelkammer anschaltete und so eigentlich jenen Prozess erfand, der heute mit dem Namen Man Rays fast synonym ist; eine geradezu exemplarische Warngeschichte, die vielen jungen Künstlerinnen erzählt wird, die dabei sind, ihren langen, harten Weg zu beschreiten.

 

Solarisation ist heutzutage zwar eher ein Klischee, kann aber hier eine Erinnerung daran sein, dass Inspiration, genauso wie das Träumen, nicht irgendeinen unsäglichen Blödsinn über guten Geschmack bedeutet.




Künstler*innen
Josephine Pryde

geboren 1967, lebt und arbeitet in London.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07