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Josef Strau
A Turtle Dreaming (… Echoes from an Encapsulated Space Exiled Sounds of Letters Requiring Symphonic Treatment)
24.4. – 21.6.2015

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Josef Strau, A Turtle Dreaming, Ausstellungsansicht, Secession 2015, Foto: Oliver Ottenschläger

Josef Straus experimentelle künstlerische Praxis entwickelt sich aus dem geschriebenen Wort. In seinen Installationen schafft er vielfältige Verbindungen zwischen Text und Objekt. Die Texte selbst sind dabei zum einen durch das typografische Spiel mit Text und Leerstellen gekennzeichnet, zum anderen durch Straus spezifischen Schreibstil, der schnell und spielerisch seinem Bewusstseinsstrom folgt. Zwischen dem Bedeutenden und Bedeutungslosen changierend, verbindet er alltägliche Geschichten urbaner Szenen mit persönlichen Blickwinkeln und literarischen Motiven.

 

In seiner Ausstellung in der Secession wie auch in der begleitenden Publikation nimmt Josef Strau Bezug auf ein altes literarisches und kinematografisches Motiv: den Künstler als Träumer, als Schildkröte, als eingekapselter Beobachter und Protokollant seiner städtischen Umgebung. Er wählt damit jenen Künstlertypus, der sich in den Protagonisten von Roberts Bresson Film Vier Nächte eines Träumers (Quatre nuits d’un rêveur, 1971) und seiner literarischen Vorlage Weiße Nächte von Fjodor Dostojewski widerspiegelt.

 

Strau fokussiert auf einen konkreten Moment während der Vorbereitung seiner Ausstellung:  Die Komponistin Marina Rosenfeld hatte ihn beauftragt, einen Text für ihr neues Album zu schreiben. Zusammen mit ihr und dem Künstler und Musiker Stefan Tcherepnin verbrachte er einige Tage damit, ausgewählte Musik zu hören und über das Leben und Werk anderer großer amerikanischer KomponistInnen zu diskutieren. Indem er sie als Fiktion anlegt, favorisiert er eine Idee der künstlerischen Produktivität, welche sich abgrenzt von einer als Notwendigkeit betrachteten Betriebsamkeit, die heute auch das Künstlersein kennzeichnet. Die Beschreibungen und Aufnahmen dieser besonderen Tage „romantischer“ Arbeit in der New Yorker Winterlandschaft wurden in fragmentarischen Formen in den Ausstellungsraum transferiert.

 

Josef Straus Ausstellung verbindet verschiedene Ebenen der Präsentation: Zunächst eine Retrospektive von 91 Textplakaten zu früheren Ausstellungen und ausgewählte fotografische Arbeiten mit verschneiten, menschenleeren Schauplätzen in New York. Darüber hinaus setzt Strau in den architektonischen Rahmen der Stellwandarchitektur vier begehbare Skulpturen aus einfachen Materialien wie Sperrholz, Blech, Plexiglas und Fliegengitter. In ihnen werden Musikstücke und Filme, die speziell für diese Ausstellung von Martin Reynolds editiert wurden, gespielt. Konzipiert als Räume des Inneren, des Rückzugs und des Traums, distanzieren sie sich vom institutionellen Kontext und funktionieren zugleich wie vier eigenständige Ausstellungen.

 

„Es ist eine weitere Übung improvisierender Produktionsweise. Die Schau wird vier Ausstellungen beinhalten, wenngleich jede einzelne nicht in der Form ihrer immer noch fiktiven Vollständigkeit ausgeführt erscheinen wird. Sie werden wirken, als habe man sie mitten in der Produktion plötzlich aufgegeben, entweder wegen eines unterbrochenen Prozesses oder metaphorisch, als sei der Künstler irgendwann im Lauf der intensiven Vorbereitungen für seine institutionelle Einzelausstellung verschwunden. Die dadurch entwickelte ‚romantische‘ Art der Unterbrechung oder auch der kompositionellen Form aleatorischer Löschungen, oder genauer, eine Arbeit mit solchen musikalischen oder textuellen Motiven statt mit Themen, bestimmt die Form für alle anderen Produktionsteile, die in der Ausstellung zu sehen sind.“ (Josef Strau)

 

Die Grundrisse der vier Räume entsprechen den zwei lateinischen Buchstaben „J“ und „H“, dem kyrillischen „Я“ (Ja) und dem hebräischen „י“ (Jod). Während ihre buchstäbliche Bedeutung offen bleibt, versteht Strau sie als grundsätzliches Lob auf die kulturelle Errungenschaft der Schrift: „Bei der Ausstellung geht es vor allem um die zeitgenössische amerikanische Kultur, insbesondere um die Frage, wie solche Gedankenmotive wie der Träumer zustande kommen und sich verbreiten. (Amerikanisch meint dabei sowohl die US- als auch die Mexiko-Erfahrung.) Die Buchstaben sind also Klangbehälter, in denen man das Echo eines anderen kulturellen Einflusses hören kann. Ihre Form beruht auf den beiden anderen kulturellen Umgebungen, die für die Entstehung des Projekts bedeutsam waren. Die eine ist die russische Literatur und Musik und die andere die hebräische Kultur, die schon früh solche Erzählungen wie die Bücher der Propheten erfunden und mit großer Sorgfalt bewahrt haben, so auch die Beschreibung der inneren Haltung, die man beim Bau einer Laubhütte haben sollte, die in den Sukkoth-Bauanleitungen enthalten ist.“

 

Josef Strau ist für seine wechselnden Rollen als Galerist, Kurator, Autor, Musiker und Künstler bekannt. Er schreibt nicht nur für die meisten seiner künstlerischen Produktionen, sondern auch für zahlreiche Veröffentlichungen, Kataloge und Zeitschriften.




Künstler*innen
Josef Strau

geboren 1957 in Wien, lebt und arbeitet in New York.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Annette Südbeck

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07