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Joke Robaard
Stand-In
28.11.2003 – 1.2.2004

https://secession.at/items/uploads/images/1661940858_9eXJQMU8DJ3.jpeg
Joke Robaard, Stand-In Session 3, 2003

Joke Robaard verhandelt in ihren Fotografien, Foldern und Videos die Begriffe von Präsentation und Repräsentation, deren Abgrenzung voneinander als auch ihre Auflösung ineinander. In verschiedenen Zusammenhängen untersucht sie, wie sich Gruppen und sukzessive Netzwerke bilden. Dabei werden die den Personen von einer Institution ursprünglich zugeteilten Regeln und Rollen aufgehoben. Die Posen, die Robaard den Repräsentanten in ihren Fotografien zuweist, lenken vielmehr den Blick auf den Zusammenhang von Erscheinung und der Vertretung von Ideen und Ideologien. Darüber hinaus fließen immer wieder kunsthistorische Referenzen auf Bildgenres – wie das Gruppenportrait – ein.

 

Für die Secession hat Joke Robaard ein neues Projekt, Stand-In, entwickelt, das unter Verwendung verschiedener Medien – Fotografie, Video und einem Folder – das gewachsene Netzwerk der KünstlerInnenvereinigung und ihres Ausstellungshauses abbildet.

 

Für eine Reihe inszenierter Gruppenbilder wurden in der Secession und in drei Firmen, die regelmäßig mit der Secession zusammenarbeiten, sieben Personen stellvertretend ausgewählt und vor Ort fotografiert. Während die charakteristische Umgebung, der leere Ausstellungsraum ebenso wie die Empfangshallen und Arbeitsräume, durchaus auf das alltägliche Selbstverständnis und die Corporate Identity der Firmen verweisen, widersetzen sich die Fotos durch die Form der Inszenierung der Personen der traditionellen Sprache der Repräsentation. Die Anordnung der Personen geht auf ein Foto zurück, das Joke Robaard vor ca. 20 Jahren mit einer Gruppe von Freunden gemacht hat, und nunmehr in den einzelnen Settings wiederholt und variiert.

 

Die Auswahl der fotografierten Personen folgt einem für Joke Robaard typischen Muster: Aus einer von den Firmen zusammengestellten Liste aller MitarbeiterInnen werden zwei Personen vom Anfang, zwei vom Ende und drei aus der Mitte der Liste gewählt. Die daraus entwickelten Diagramme vermessen, ähnlich einem Impressum, die Positionen der TeilnehmerInnen innerhalb des Netzwerkes. Zusammen mit den Fotos sind sie in einem Folder wiedergegeben. Mit diesem Folder # 43 führt Robaard eine langjährige Arbeitsweise fort. Aus dem Interesse, die eigene künstlerische Praxis zur Etablierung von Dialogen und Netzwerken einzusetzen, entwickelt sie kleinformatige Faltblätter, die immer im gleichen Format und als Take-away-Objekt eine Zusammenfassung ihrer Projekte bieten.

 

Wie um das Fotografische, das scheinbar Ergebnishafte des eingefrorenen Moments, bloßzustellen, zeigt Robaard in einem Video das Geschehen am Set. Der allgemeine Repräsentationsgestus wird dadurch in gewisser Weise auf die Gruppe der Individuen selbst zurückgeführt. Der Prozess, wie die einzelnen TeilnehmerInnen in die ihnen zugewiesenen Pose finden, offenbart auch die Diskrepanz zwischen angenommener Haltung bzw. Rolle und einem anderen, persönlichen Selbstverständnis.

 

Außer dem Projekt Stand-In wird eine Auswahl weiterer Folder, Videodokumentationen und Trailer früherer Projekte zu sehen sein. Ein wesentliches Charakteristikum der Videos ist, dass Robaard hier mit einem offenen Werkbegriff operiert, der von der Idee des aktiven Bildarchivs ausgeht und immer wieder neue, auf die aktuelle Präsentations- und Ausstellungsform zugeschnittene Überarbeitungen zulässt. Das verbindende Thema der (Selbst-)Präsentation, Körpersprache und Gruppenbildung spiegelt sich auch in der Ausstellungsgestaltung. Die in Zusammenarbeit mit Arno von der Mark zur Betrachtung der Filme entworfenen Hocker geben nicht nur eine bestimmte Haltung vor, sondern lassen sich auch ineinanderschieben und zu immer wieder neuen Anordnungen formieren. An der Schnittstelle von Kunst, Architektur, Mode und Design inszeniert Robaard so komplexe Panoramen, in denen die unterschiedlichen Diskurse als gleichwertige Elemente nebeneinander stehen.

 

Ausstellungsarchitektur: DRFTWD OFFICE ASSOCIATES (design team: Arno van der Mark, Tsugumi Kanno, Gilbert Koskamp).
Videoschnitt und Kamera: Maarten Theuwkens
Diagramme und Folder: Barbara Hermann
Research: Martine van Kampen

 

Parallel zur Ausstellung erscheint bei Valiz, Amsterdam, eine umfassende Dokumentation der Projekte Joke Robaards seit 1988




Künstler*innen
Joke Robaard

geboren 1953, lebt und arbeitet in Amsterdam.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07