Jiří Kovanda
White Blanket
30.4. – 20.6.2010
Mit dem tschechischen Künstler Jiří Kovanda präsentiert die Secession erneut einen Künstler der mittleren bis älteren Generation, der aktuell als wichtige Referenzfigur bei jüngeren KünstlerInnen gilt. Für seine erste institutionelle Einzelausstellung in Wien hat er eine neue, auf den Hauptraum der Secession zugeschnittene Installation konzipiert, mit der er seine subtile Praxis der minimalen, beiläufigen Gesten fortschreibt.
Im Zentrum der internationalen Wahrnehmung Jiří Kovandas stehen vielfach seine frühen Interventionen im öffentlichen Raum. In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre realisierte er in Prag eine Reihe von Performances, die an der Grenze zur Unsichtbarkeit das sozial Gewöhnliche untersuchten und die alltäglichen Handlungsspielräume des Individuums ausloteten. So schaute er beispielsweise den Leuten auf der Rolltreppe hinter sich gebannt in die Augen oder stand mit ausgebreiteten Armen auf dem zentralen Wenzelsplatz. In anderen Arbeiten inszenierte er einfachste Materialien wie Laubhaufen oder kleine Türme aus Zuckerwürfeln an ausgewählten Orten innerhalb der Stadt. Nachdem er in den 1980er- und 1990er-Jahren vor allem Collagen und Assemblagen geschaffen hat, entstehen in den letzten Jahren wieder verstärkt ephemere und situationsbezogene Aktionen und Installationen. In Kissing Through Glass (2007) etwa waren die MuseumsbesucherInnen der Tate Modern in London aufgefordert, mit dem Künstler auf diese Weise in Kontakt zu treten; auf der Eröffnung der Kunstmesse FIAC (2007) verteilte er unbemerkt Süßigkeiten in die Handtaschen der BesucherInnen und anlässlich einer Ausstellung in Santiago de Compostela viertelte er einen antiken runden Tisch und passte ihn in die Ecken des Raumes ein (2008).
In Kovandas raumspezifischer Installation für die Secession ist das zentrale Element eine bis auf Augenhöhe hochgezogene Wand, die den Ausstellungsraum in zwei Hälften teilt und in ihrem Grundriss eine Reihe von Aus- und Einbuchtungen aufzeigt. Sie etabliert auf verschiedenen Ebenen ein Spannungsverhältnis: zwischen der weiten Leere des Raumes und seiner Verengung zur Nische, zwischen skulpturaler Autonomie und architektonischer Funktion, zwischen dem exponierten Davor und dem verborgenen Dahinter. Durch die Form der Wand, insbesondere durch ihre gerade noch zu überschauende Höhe, bindet Kovanda die BetrachterInnen in das für sein Werk charakteristische Spiel des (Sich-)Versteckens und Suchens aktiv ein. Innerhalb dieser Architektur positioniert er nahezu beiläufig verschiedene Objekte, die dem alltäglichen häuslichen Leben entstammen, im Subtext aber auch durchaus erotische Konnotationen aufweisen: weiße Bettdecken, eine blaue Orchidee, eine rote Lampe, einen gelben Besen … In seiner Präsentation folgt Kovanda dabei dem poetisch-surrealistischen Prinzip, die Objekte und Situationen durch kleine Abänderungen zu transformieren und in offenere Bedeutungszusammenhänge zu verschieben.
geboren 1953, lebt und arbeitet in Prag.