Biographie:
Jin-me Yoon (geb. 1960, Seoul, KR) ist eine in Vancouver ansässige Künstlerin, die die verflochtenen Beziehungen von Tourismus, Militarismus und Kolonialismus untersucht. Seit den frühen 1990er-Jahren nutzt sie Fotografie, Video und Performance, um ihre persönliche Migrationserfahrung im Kontext sich verändernder historischer, politischer und ökologischer Bedingungen zu reflektieren. Durch experimentelle Filmtechnik und die performativen Gesten von Familie, Freund*innen und Gemeindemitgliedern verbindet Yoon verdrängte Vergangenheiten mit beschädigten Gegenwarten und schafft so Raum für verschiedene Zukunftsperspektiven. Indem sie ihre Arbeiten in aufgeladenen Landschaften inszeniert, findet Yoon spezifische Bezugspunkte in unterschiedlichen geopolitischen Kontexten und bringt Welten zusammen, um den Wert der Differenz zu bekräftigen.
In den letzten drei Jahrzehnten wurde Jin-me Yoons Arbeit international in Hunderten von Ausstellungen präsentiert. Sie hat zahlreiche Studierende betreut, während sie an der School for the Contemporary Arts der Simon Fraser University unterrichtete. 2018 wurde sie als Fellow in die Royal Society of Canada aufgenommen, und 2022 erhielt sie den renommierten Scotiabank Photography Award.
Jüngste Monografien umfassen Jin-me Yoon (SPA/Steidl), About Time (Vancouver Art Gallery/Hirmer) und Jin-me Yoon: Life & Work (sowohl online als auch in Print, Art Canada Institute).
Werke:
Jin-me Yoon, Beneath, 2012
Mehrkanal-Videoinstallation, Holz, Stahl und Projektionsfolien, unterschiedliche Laufzeiten: 42:36 Min.–45:20 Min.
Courtesy die Künstlerin
Beneath durchquert einen schmalen Weg in Wien – zwischen Sigmund Freuds ehemaligem Wohnhaus und den Ort seiner medizinischen Praxis in der Berggasse 19 sowie dem Heldenplatz, dem Zentrum des ehemaligen Habsburger Reiches und dem Ort, an dem Adolf Hitler 1938 den österreichischen Anschluss erklärte. Yoon verwendet ihren eigenen Körper als fremde Präsenz in der Stadt, um eine greifbare Verbindung zwischen dem Wien des Psychoanalytikers zur Jahrhundertwende und der sozialen Konstruktion und Politik des heutigen Wiens herzustellen. Beneath lässt bewusst mehrere Bezüge zu, aber man könnte sagen, dass sich in dieser Aktion ein gewisser Zusammenbruch vollzieht. Sie verweigert die Auflösung von Widersprüchen und künstlich auferlegten Grenzen zwischen Intellektuellem und Viszeralem, Selbst und Anderem sowie Vergangenheit und Gegenwart.
Jin-me Yoon, Dreaming Birds Know No Borders, 2021
Einkanal-Video, Farbe, Ton, 7:22 Min.
Courtesy die Künstlerin
In Dreaming Birds Know No Borders ist ein Vogelschutzgebiet auf einer zurückgewonnenen Industriebrache mit einer Flussmündung am 38. Breitengrad verbunden, der die koreanische Halbinsel in Nord und Süd trennt. Vor dem Hintergrund des anzestralen Territoriums der Tsleil-Waututh Nation und der Trans-Mountain-Pipeline ist ein junger Mann zu sehen, der sich meditativ bewegt, inspiriert vom traditionellen koreanischen Kranich-Tanz. Dieses Filmmaterial wird mit Szenen aus einer stark abgenutzten VHS-Kopie eines in den 1990er-Jahren in Nordkorea gedrehten Films über einen Ornithologen und seine Arbeit kombiniert. Der Ornithologe wurde zurückgelassen, als seine Familie nach Südkorea ging und sie durch die Grenze der DMZ (Entmilitarisierte Zone) dauerhaft getrennt wurden. Der Original-Soundtrack des Films wird rückwärts abgespielt und verlangsamt. Durch die Verknüpfung dieser beiden Menschen und Orte konzentriert sich Dreaming Birds auf das poetische Überbleibsel der Sehnsucht – den unerfüllten Wunsch, an einen Ort zurückzukehren, der nicht mehr erreichbar ist.