Jeremy Shaw
29.5. – 31.8.2025
Jeremy Shaws Arbeiten in diversen Medien erkunden veränderte Bewusstseinszustände und kulturelle und wissenschaftliche Praktiken, die transzendentale Erfahrungen zu erfassen versuchen. Vielfach verknüpft und verstärkt er Strategien aus Cinéma vérité, Konzeptkunst, Musikvideo und Naturwissenschaft und eröffnet so einen postdokumentarischen Raum, der Erwartungen an das Bild als eine Form der Zeugenschaft konterkariert. Die begehbare Installation Phase Shifting Index (2020) etwa kombiniert sieben Videokanäle, Klänge und Licht und verbindet Science-Fiction, Dokumentation, visuelle Effekte und Synchronisierung, um die Zeitlichkeit des Erzählens zu verkomplizieren. Unter Verwendung verschiedener veralteter Medien aus dem 20. Jahrhundert, von 16mm-Film bis zu Hi8-Video, präsentiert Shaw Material, das wie Dokumentaraufnahmen aus einem Archiv wirkt, als ferne Zukunft und erzeugt so eine kognitive Dissonanz im Raum- und Zeitgefühl der Zuschauer*innen.
In seinen jüngsten Arbeiten wendet der Künstler sich wieder materiellen Objekten zu, die auf eine universelle Sehnsucht nach dem Unendlichen und die oft nicht unproblematischen Versuche verweisen, sie zu verbildlichen. There in Spirit (2024) ist eine skulpturale Installation aus 165 LED-Kerzen in roten Gläsern, die in Reihen auf einem stählernen Votivständer angeordnet sind. Nach und nach schält sich aus dem zufälligen Flackern der Kerzen eine zentralperspektivische Animation heraus, ein in zunehmend fieberhaftem Tempo kreisender Strudel. Die hypnotische Dramaturgie imaginiert die Handlungen des Gebets, der Frömmigkeit und der Hingabe, die sich in einem Zusammenspiel von Licht, Schatten, Bewegung und Klang manifestieren. Maximum Horizon (2024) verknüpft traditionelle Techniken aus der Glasmalerei mit Darstellungen des Unendlichen, wie sie sich im 20. Jahrhundert verbreitet in Populärmedien fanden. Die Verschmelzung der nachgebildeten Erhabenheit religiöser Ikonografie mit allgegenwärtigen Veranschaulichungen des Wurmlochs, des Wirbels, des digitalen Horizonts in Science-Fiction- und Computergrafik verbindet religiöse und weltliche Elemente, um das Potenzial moderner, technologiegetriebener Glaubenssysteme und ihrer Sehnsucht nach Transzendenz ins Bild zu setzen.
geboren 1977 in North Vancouver, lebt in Berlin.