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James Lee Byars
Perfect Moments. Ideentausch mit Gerhard Johann Lischka
22.4. – 19.6.2016

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James Lee Byars, Perfect Moments. Ideentausch mit Gerhard Johann Lischka, Installationsansicht, Secession 2016, Foto: Sophie Thun

Die Ausstellung Perfect Moments. Ideentausch mit Gerhard Johann Lischka ist als Hommage an James Lee Byars (1932 Detroit – 1997 Kairo), einen der außergewöhnlichsten Künstler des 20. Jahrhunderts, konzipiert. Byars lotete als Performer und Visionär die Grenze zur Immaterialität kontinuierlich aus und bedachte dabei sein Umfeld mit Briefen aller Art.

 

Byars kann als Grenzgänger zwischen den Kunstströmungen der Konzept-, Minimal- und Performancekunst verstanden werden. Seine Arbeiten, seien sie performativ oder objekthaft, kreisen in poetischer Auseinandersetzung um den künstlerischen Ausdruck des Vollkommenen und des Perfekten, der sich seiner Überzeugung nach nur in der augenblicklichen Begegnung zwischen dem Flüchtigen und dem Ewigen erreichen lässt und so erfahrbar wird. Er hat ein vielschichtiges Oeuvre hinterlassen, das neben materiellen Kunstwerken im klassischen Sinn auch hybride Erzeugnisse künstlerischer Praxis enthält, die sich aufgrund ihres Charakters einer klaren Zuordnung entziehen.

 

Im Grafischen Kabinett der Secession werden Dokumente, Objekte und Ephemera des Künstlers gezeigt. Die Schriftzeugnisse reichen von winzigen Zetteln über beschriftete, zweckentfremdete Alltagsmaterialien – wie Servietten oder Pflanzenblätter – hin zu filigranen Briefen aus Seiden- und Japanpapier mit mehre-ren Metern Länge. Neben zahlreichen Ansichtskarten, die Byars während seiner Reisen unermüdlich für seine Freunde verfasste, sind von ihm gestaltete Einladungskarten und kleine materielle Zeugnisse seiner Performances zu sehen. Beispielhaft dafür ist das kleine Goldblättchen mit dem Prägedruck Harry; Byars verteilte diese Blättchen 1975 im Vorfeld der von Harald Szeemann kuratierten Ausstellung Junggesellenmaschine in Bern.

 

Ein verbindendes Element der formal stark variierenden Dokumente bildet das ornamentale Schriftbild des Künstlers. Typisch für die von Byars ohne Augenmerk auf Interpunktion verfassten Briefe ist die fast ausschließliche Nutzung von Großbuchstaben, bevorzugt in den Farben gold, rot, rosa, schwarz oder weiß. Die Zwischenräume seiner Schrift sind durchgehend mit Verzierungen wie Herzen oder Sternen gefüllt und verdeutlichen die ebenso juvenile wie poetische Herangehensweise des Künstlers an seine persönliche Kommunikation wie auch die performative Arbeit.

 

Die Ausstellungstücke zeigen James Lee Byars’ virtuoses Denken anhand seines Dialogs mit dem Berner Künstlerphilosophen Gerhard Johann Lischka und stammen aus der Sammlung Marianne Milani. Lischka und Milani zählten zum Berner Adressatenkreis des Künstlers, der Anfang der 1970er-Jahre zu einem fixen Bestandteil der dortigen Kunstszene wurde.

 

Gerhard Johann Lischka erinnert sich:

„Erste Begegnungen mit James Lee Byars haben auf der Documenta 5 (1972) stattgefunden. Später weilte Byars oft in Bern, wo er das Glasbuch von Christian Megert gesehen hat, das auf neun Seiten aus Glas und auf den verspiegelten Buchcovern meinen Spiegel-Text Der Raum und das Selbst, der Moment und die Interaktion zum Spielen bringt. Die Gedanken über den Moment nahm Byars so auf, dass er mir Briefe schrieb und vorschlug, seine Ideen zu verwirklichen. Diese Ideen hat er in vielfältiger Form und Größe zumeist auf Papier gebracht. Daraus resultiert auch A 100 Moments Make a Moment Theory (1975–76), die als eine der besten Theorien der Performance Art gelten kann. Selbstverständlich in so kurzer und prägnanter Art wie nur möglich. Eben perfekt!

 

Mitte der 1970er-Jahre schrieb Byars in die Mitte eines kreisrunden weissen Seidenpapiers ‚It is plain that each moment in its totality causes the next moment‘ und warf es mir zu einem kleinen Ball zerdrückt zu. So fanden auf irgendeine Art und Weise seine Begriffs-Botschaften immer ihren Empfänger. Oft waren es auch Einladungen zu Performances oder Ausstellungen. Und wo man ihn auch traf oder sah, in Venedig, in New York, in Köln und meistens in der Berner Altstadt: Er erschien in seiner ‚Maske der Alterität‘, er war immer im Performativ, immer auf Sendung und Empfang, auf Geben und Erhalten. Mit einer unglaublichen Neugier und Eingebungskraft verfolgte er sein Begehren, zu verstehen, zu erfahren, zu begreifen und mitzuteilen. Partizipation war die Erfüllung.“




Künstler*innen
James Lee Byars
Programmiert vom Vorstand der Secession


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