Francis Upritchard
In die Hoehle
30.4. – 20.6.2010
Francis Upritchard schafft skulpturale Installationen, in denen bunt bemalte menschliche Figuren eine Welt voller an ihre Bedürfnisse angepasster gefundener Gegenstände bewohnen. Diese werden auf eigens angefertigten oder gefundenen Möbelstücken gezeigt. Upritchard verwendet auf die Möbel und ihre Bearbeitung nicht weniger Sorgfalt als auf die Figuren selbst, und so sind künstlerische und handwerkliche Aspekte und die Präsentation in ihrer Arbeit gleichermaßen von Bedeutung: Die Gestaltung und Inszenierung innerhalb des Ausstellungsraums ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kunst.
Upritchard setzt die gewohnten Wertungen spezifischer Materialien und Kontexte außer Kraft; ihre Figuren, deren Alter, kultureller Hintergrund, und Hierarchie unklar bleiben, stellen wertende Wahrnehmungen und Vorurteile der BetrachterInnen in Frage. Ihre Anordnungen bilden künstliche Welten, innerhalb derer die Figuren das menschliche Dasein in seiner ganzen Vielfalt verkörpern — sie erscheinen mal in sich versunken, mal fröhlich, elend oder unbehaglich. Upritchard stellt auf raffinierte Weise die gewohnte Sicht auf die Produkte menschlicher Zivilisation auf den Kopf, indem sie Alltagsgegenstände der westlichen Kultur in Gerätschaften kultischer Rituale fiktiver archaischer Völker verwandelt; Badmintonschläger werden zu Zeptern, massenhaft hergestellte Nachahmungen viktorianischer Vasen zu Urnen.
Für die Secession entwickelt Francis Upritchard eine neue Installation, zu deren Themen die Ausstellungsgeschichte der Institution selbst wie auch die Gegenkulturen der Hippies und des New Age zählen. Mit ihrer Installation In die Höhle in der Galerie hinterfragt Upritchard vorherrschende Haltungen der etablierten Kultur wie etwa ihre Definition des ‚Exotischen’ oder die Unterscheidung zwischen ‚kritischer’ und ‚dekorativer’ Kunst. Mit einer Mischung von Zeiten und kulturellen Bezügen befragt Upritchard die Idee von populärer Kunst: In der Gegenüberstellung banaler Auffassungen von ‚Kultur’ mit dem, was sie ausschließen und ablehnen, zerfällt die Tyrannei der Vernunft in eine Vielzahl von Lesarten und Interpretationen. Hier sind sie alle versammelt, erhellt von Lustern, deren Gestaltung auf Entwürfen der Wiener Werkstätte beruht – Figuren, die ihren heimatlichen Zusammenhängen (und manchmal dem festen Griff der Originalkunstwerke, wie etwa Gustav Klimts Beethovenfries oder Sol LeWitts Wandmalereien) entrissen wurden und leihweise neue Geschichten erhalten haben: Maoris im Schottenrock, die dem Ende der Welt entgegensehen; imaginäre Anhänger des lang in Vergessenheit geratenen Kults um ein Familienmitglied; aus gerauchten Zigaretten hergestellte heilige Insignien; japanische und indische Traditionen, die (wie schon in der Vergangenheit) mit denen der Hippies verschmolzen sind; Cowboys, die dem richtigen Hut hinterher jagen; und unsere wunderschönen Aussteiger, der Abschaum, der dem Göttlichen unerschrocken ins Gesicht sieht.
geboren 1976 in Neuseeland, lebt und arbeitet in London.