Fiona Connor
#8, Closed for Installation, Sequence of Events
27.6. – 1.9.2019
Die neuseeländische Künstlerin Fiona Connor reproduziert in ihren skulpturalen Installationen Gegenstände und Strukturen des Alltagslebens. Durch ihre Nachbildungen von Anschlagtafeln, Trinkbrunnen, Möbeln oder Türen macht sie nicht nur auf diese oft übersehenen Dinge und ihre Formen aufmerksam, sondern zeichnet auch Geschichten und Mikroökonomien von Gemeinschaften nach. Viele ihrer Arbeiten entstehen in Reaktion auf die Infrastruktur der Orte und Umgebungen, an denen sie ausgestellt werden, und legen dadurch die Mechanismen offen, die unsere Interaktionen mit Kunst beeinflussen können. Aus den Skulpturen spricht die große Neugier, mit der die Künstlerin untersucht, wie Dinge gemacht werden. Sie spielen mit der Ambivalenz zwischen Handarbeit und industrieller Produktion und den Grenzen eines Kunstobjekts.
Für ihre Ausstellung in der Secession, #8, Closed for Installation, Sequence of Events, hat Connor einen Werkkomplex von 23 Bronzeobjekten entwickelt. Dargestellt ist das Werkzeug, das für gewöhnlich beim Aufbau einer Ausstellung zum Einsatz kommt, wie Maßband, Lineal, Bleistift, Montagewagen usw. Die Skulpturen verhandeln die Prinzipien von Arbeit und Instandhaltung, indem sie Werkzeuge reproduzieren, die auf der ganzen Welt ähnlich aussehen, aber zum Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung normalerweise aus dem Blickfeld verschwunden sind.
Außerdem realisierte die Künstlerin im Rahmen ihrer Ausstellung zwei Projekte außerhalb der Secession: Eines im Karl-Marx-Hof, wo sie eine allgemeine Anschlagtafel nachgebaut hat, um sie für die Dauer der Ausstellung in einem privaten Apartment zu platzieren; und das zweite in einem anderen Wiener Gemeindebau, wo sie eine normale Zimmertür mit einer Tür aus einem Haus in Los Angeles dauerhaft vertauscht.
Interview mit Fiona Connor
Annette Südbeck: Für deine Ausstellung in der Secession hast du Bronzeskulpturen gießen lassen, die alle Werkzeuge nachbilden, die für gewöhnlich beim Aufbau einer Ausstellung zum Einsatz kommen. Wie würdest du die Produktionsprozesse dieser Nachbildungen beschreiben? Beruhen sie auf einer genauen Beobachtung oder wendest du eher mechanische Techniken an?
Fiona Connor: Eine Mischung aus beidem – die Auswahl der Objekte beruht auf Beobachtungen und Aufzeichnungen, ich sammle und zeichne. Dann musste ich für mich klären, wie ich sie gießen wollte. Ich habe mit drei verschiedenen Gießereien zusammengearbeitet, die jeweils eigene Herangehensweisen und Techniken verwenden. Manche der Werkzeuge entstanden in Anlehnung an die Herstellung der Originale im Sandgussverfahren, während bei den chaotischeren Formen wie den Plastiktüten Silikonformen zum Einsatz kamen; bei einigen der Objekte habe ich beide Techniken kombiniert.
AS: Inwieweit bedeutet dir die Idee des Handgemachten etwas, also zum Beispiel in dem Sinne, dass die BetrachterInnen die Berührung durch die Hand des Künstlers oder der Künstlerin wahrnehmen können?
FC: Es geht mir darum, die Unterscheidung zwischen handgemachten und massengefertigten Objekten zu verunklaren, zum Beispiel indem ich etwas mache, das wie ein Industrieprodukt wirkt, aber in Wirklichkeit handgemacht ist. Ich interessiere mich für diese Ambivalenz und mag es auch, wenn die Umwelt auf ein Objekt einwirkt, etwa durch Verwitterung oder Abnutzung, und es sich dadurch verändert.
AS: Du hast zudem zwei Projekte in Wiener Gemeindebauten realisiert. Was ist die Idee dahinter?
FC: Für meine Ausstellung wollte ich die Galerie in der Secession mit diesen anderen Orten in Wien verbinden, an denen heute Menschen leben. Die Arbeiten gehören zu einem fortlaufenden Projekt namens Sequence of Events, das vor allem aus permanenten Installationen in Wohnungen besteht. Das Zuhause ist ein Ort, an dem man mit Objekten lebt und sie benutzt; ein Umfeld, in dem Kunstwerke ein kleineres Publikum haben, das sich ihnen dafür über längere Zeit zuwendet und eine dauerhafte Beziehung zu ihnen aufbaut. Die Versetzung der Anschlagtafel von einem öffentlichen Bereich im Karl-Marx-Hof in eine Wohnung dreht gewissermaßen das Gebäude auf links; der Türentausch zwischen Los Angeles, wo ich wohne, und Wien verweist auf eine andere Art von Austausch und Verbindung.
AS: Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Arbeiten und denen, die du in der Secession zeigst?
FC: Bei der Installation von Werkzeugen, die normalerweise weggeräumt werden bevor eine Schau eröffnet wird, und den Interventionen in Wohnräumen außerhalb der Secession geht es gleichermaßen um eine Kompromisslosigkeit im Ausstellungsmachen – um die physischen und zeitlichen Grenzen einer Schau.
AS: War das auch Teil deiner Überlegungen, diese Bronzearbeiten doppelt zu produzieren und zeitgleich im Sculpture Center in New York und in der Secession in Wien zu zeigen?
FC: Ich denke viel über das Repetitive und zugleich Besondere jedes Aufbaus nach – die Instandhaltungsroutinen und üblichen Abläufe, die jede Ausstellung einzigartig machen. Die Bronzeobjekte werden in beiden Ausstellungen dieselben sein, aber verschieden installiert sein und dadurch auf verschiedene Weise Arbeit verkörpern. Interessanterweise hatten beide Ausstellungsräumlichkeiten in ihrem früheren Leben etwas mit Instandhaltung zu tun – das Sculpture Center war ein Straßenbahnausbesserungswerk, das Grafische Kabinett der Secession eine Hausmeisterwohnung.
AS: Mit Blick auf das Konzept der Nachbildung von etwas als solches, was, denkst du, kennzeichnet die Kluft zwischen Original und Kopie, zwischen Quelle und Kunstwerk?
FC: Einen Gegenstand nachzubilden erfordert eine gewisse Besessenheit: Man sieht ihn sich an und zeichnet ihn und kartografiert ihn und tüftelt aus, wie man ihn nachbilden kann – man versetzt sich sozusagen in ihn hinein – und wenn er fertig ist, geht, obwohl er einen an das Original erinnert, eine andere Wärme von ihm aus, weil er durch einen anderen Körper und mittels anderer Werkzeuge übersetzt worden ist.
AS: Die Techniken des Reproduzierens sind ja eng verbunden mit dem Konzept der Appropriation. Es gab in der Geschichte der Appropriation viele unterschiedliche Ansätze, die KünstlerInnen der Pop Art etwa widmeten sich vor allem anonym produzierten Waren, während die KünstlerInnen der sogenannten Pictures Generation einige Jahre später sich auf die Bildwelt der Massenmedien konzentrierten. Wie wählst du das, was du reproduzieren willst, aus? Was sind deine Parameter? Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass viele deiner Werke aus sozialen Zusammenhängen stammen und die Nutzung von Objekten thematisieren.
FC: Mich interessiert, Kunst über das gesellschaftliche Leben zu machen und Skulpturen zu schaffen, auf denen man sitzen kann. Einen Gegenstand nachzubilden ist für mich ähnlich wie eine Fotografie ein Weg, mir etwas zu eigen zu machen, ohne direkt in das gesellschaftliche Gewebe einzugreifen, in dem ich es vorgefunden habe.
geboren 1981 in Auckland, lebt und arbeitet in Los Angeles.