Fernanda Gomes
12.4. – 16.6.2019
Seit den 1980er-Jahren kreiert Fernanda Gomes mit profanen, günstigen Materialien Objekte und Bricolagen (stets ohne Titel), die formal an die Arte Povera, den Minimalismus und Brasilianischen Konstruktivismus anknüpfen. In ihren Ausstellungen sind oft eine Fülle an Objekten über Boden und Wände verteilt, räumlich zusammengefasst oder rhythmisch organisiert. Übrig Gelassenes, Vergessenes, Unbeachtetes ebenso wie Weggeworfenes oder Alltagsgegenstände werden in situ arrangiert, zu fragil-prekären Strukturen zusammengestellt oder gebündelt und geschnürt, um kompaktere Gebilde zu erzeugen. Die einzig verwendete Farbe ist weiß, von der Künstlerin als „empfängliche Farbe“ geschätzt, da es sogar subtile Veränderungen der Lichtfarbe und -intensität sichtbar werden lässt.
Ein wesentlicher Aspekt von Fernanda Gomes’ Arbeitsweise besteht darin, sich auf Räume und Orte einzulassen, ebenso wie die Eigenheiten von Skulptur und Malerei und deren Wechselverhältnis gründlich zu untersuchen. Die Künstlerin erforscht die Charakteristik eines Ortes – die Lichtsituation, Proportionen, verwendete Materialien etc. – durch genaue Beobachtung auf der einen Seite, und indem sie ihn auf sich wirken lässt auf der anderen. Sie empfindet leere Räume nicht als leer per se, sondern voller Informationen, und sowohl die Platzierung als auch die Konstruktion ihrer Werke stehen in Bezug zum Ausstellungsraum. Natürliches wie künstliches Licht erzeugt mitunter ein flüchtiges Spiel von Reflexionen und Schatten, das die Situationen aktiviert.
In der Secession geht die Künstlerin wie üblich vor und lässt den Raum bzw. die Situation auf sich wirken: „ein grossteil des prozesses ist rein gedanklich und daher unberechenbar. jede ausstellung ist eine arbeit für sich, aus einer gegebenen situation heraus geschaffen. der kern der tätigkeit ist es, einen zustand des seins, denkens, fühlens, der bewegung herzustellen, ebenso wie freude. ich liebe es, mit leeren händen zu kommen, nichts für eine ausstellung mitzubringen, keinen transport zu benötigen, keine kunstwerke. die leichtigkeit der vielen möglichkeiten, dass alles noch offen und frisch ist, begeistert mich nach wie vor. einmal mehr bestätigt diese das immaterielle wesen der dinge. wenn worte verblassen, beginnt das ernste spiel. mit dingen zu spielen ist vielleicht die erste sprache, die wir lernen. vor dem wort kommt die welt, unberührt in ihrer rästelhaftigkeit und zauber“, so die Künstlerin.
Nur wenige Displayelemente wurden im Vorfeld bestimmt, darunter Gestelle aus Holz und einige Exemplare eines kleinen Blindbands. Es ist Fernanda Gomes’ Künstlerbuch: „dieses buch ist ein objekt an sich, form und inhalt sind deckungsgleich. es ist ein buch mit leeren seiten, in das einige dinge eingelegt sind. es ist eine autonome arbeit und als solches teil der ausstellung. auch die einleger sind eigenständige arbeiten, die im buch zusammengehalten werden. die anordnungen dieser elemente in der ausstellung fügen dem ensemble informationen hinzu und verändern es ohne einzugreifen. ebenso wie die ausstellung ist auch das buch ein gedankliches spiel der möglichkeiten.“
geboren 1960 in Rio de Janeiro, lebt und arbeitet in Rio de Janeiro.