Das Experiment 1
7.3. – 22.4.2001
Schmid/Scholz beschäftigen sich mit Fragen, die sich aus dem Zusammenhang von “Kunst” und “Pop” ergeben. Wie sie zu der Fragestellung kommen, hat mehrere Ursachen. Einer der Ausgangspunkte ist – wie das Thema zunächst annehmen ließe, kein theoretischer – sondern ein Objekt. Schmid/Scholz machten sich vor zwei Jahren zum Ziel, ohne jegliche Vorkenntnisse einen Synthesizer zu bauen, der schließlich in exzessiver Kleinstarbeit und Recherche – dabei bezog man die Information fast ausschließlich aus dem Internet und User-groups – produziert wurde. Das fertige Produkt, das zunächst kein konkreteres Ziel verfolgte als Musikinstrument für eigene Sessions zu sein, stieß jedoch im Kunst- wie im Popumfeld auf Aufmerksamkeit und Wohlwollen.
Sie schreiben: “Der analoge Modularsynthesizer (das Objekt) befand sich bisher in verschiedensten Kontexten und wurde jeweils unterschiedlich gelesen, wobei das Objekt an sich unverändert blieb und die permanente Umdeutung der Begrifflichkeiten von den jeweiligen Gewohnheiten der Betrachtung und der räumlichen Situation abhängig war. Das Feld der unterschiedlichen Herangehensweisen und Interpretationen war überraschend breit. Uns ist es für die Betrachtung des Objekts weniger wichtig, über dessen Status als Kunst oder Pop nachzudenken. Stattdessen benutzen wir die ästhetische und historische Unterscheidung der Genres in Verbindung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Formen der Präsentation, um der Arbeit den Status eines ‘diskursiven Objekts’ zu geben.”
Die Frage, inwieweit Begrifflichkeiten und Bedeutungszuschreibungen zeit- und kontextabhängig sind und somit immer wieder neu gedacht werden müssen, versuchen Schmid/Scholz in ihrer Arbeit auf verschiedenen Ebenen zu stellen. Die für das Grafische Kabinett erarbeitete Präsentation beinhaltet eine Zusammenstellung möglicher Antworten, die aber einer permanenten Revision unterliegen. Gezeigt wird ein mehrteiliges Video, das u.a. Personen aus dem Feld Kunst, Pop und Theorie befragt aber auch sie selbst in diesen Komplex mit einbindet. Der Theoriekomplex “Pop / Kunst” wird dabei zwar als bereits umfangreich bearbeitet erkannt, Schmid/Scholz setzen jedoch genau da an, wo das Nebeneinander der beiden Diskursfelder scheinbar selbstverständlich wird und führen die Befragten, sich selbst und schließlich die BetrachterInnen des von ihnen erarbeiteten Ensembles zum Beginn der Fragestellungen zurück. Die Intention, die Arbeit bewusst innerhalb des Feldes Ausstellung zu platzieren, verstärkt der in das Grafische Kabinett eingelassene “white cube”. Die “Recycling”-Podeste, die Sockel und Sitzgelegenheit zugleich sind und frappant an Teile der Ausstellung Between und Including von Renée Green erinnern, signalisieren Zufälligkeit oder formale Gleichgültigkeit, werden aber durch die Wahl des Ausstellungstitels artifacts shared the assumption that ev wieder ästhetisch definiert.
Das Ende des Prozesses, der eigentlich schon vor zwei Jahren mit dem Bau des Synthesizers begonnen wurde, steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, den Verlauf kann man aber mittels der gepinnten Bildstrecke, die im Laufe des Projekts noch verändert wird, verfolgen, bzw. sich selbst in diesen Prozess einklinken.