Daniel Dewar, Grégory Gicquel
26.3. – 20.6.2021
Das Werk des Künstlerduos Daniel Dewar und Grégory Gicquel scheint in einer Zeit zunehmender Digitalisierung auf den ersten Blick anachronistisch: Über die Jahre experimentierten die beiden mit einer Vielzahl von Materialien und Techniken, die sie zunächst autodidaktisch erlernten und für die sie teilweise auch die Arbeitsmittel wie Webrahmen oder holzbefeuerte Brennöfen herstellten. Sie hauen Stein, schnitzen Holz, formen Ton und Keramik und greifen auch handwerkliche Techniken wie Sticken und Weben auf. Dass sie ihre Werke selbst ausführen, unter Zuhilfenahme von traditionellen und modernen Werkzeugen, ist den beiden wichtig. Den Künstlern geht es dabei stets um Herstellungsverfahren, die ihren Ursprung in verschiedenen Handwerken haben, jedoch im Zuge der technischen Automatisierung immer weniger präsent sind. Den Bruch mit der Tradition stellen die beiden durch die Verbindung der Medien mit ihren Motiven dar: Massive Kästen und Schränke aus Eichenholz beispielsweise, aus denen Eingeweide, Tierteile oder menschliche Gliedmaßen hervorwachsen, amüsieren und irritieren gleichermaßen.
In ihren Werken verschmelzen Menschen, Tiere und Pflanzen zu einer bizarren und sinnlichen Einheit. Sie sind durchdrungen von der Idee, dass der gleiche Lebenssaft durch alle und alles fließt und sogar das gefällte, bearbeite Holz oder der behauene Marmorblock noch Zeugnis davon ablegen. Durch Kontextverschiebung und phantasievolle Kombinationen schaffen Dewar & Gicquel absurde Objekte, die wie Chimären oder Fabelwesen einer anderen Wirklichkeit angehören.
Dewar & Gicquel zeigen in der Secession insgesamt 16 Werke und setzen ihre 2017 begonnene Arbeit an Skulpturen aus Eichenholz fort, die in mehrfacher Hinsicht Hybride sind: zwischen Skulptur und Möbel, zwischen autonomem Kunstwerk und Gebrauchsgegenstand, zwischen unbelebtem Objekt und beseeltem Wesen wie Mensch, Tier und Pflanze. Die massiv gearbeiteten Eichenskulpturen sind mit grotesk erscheinenden, fein geschnitzten und ausgearbeiteten figurativen Elementen wie Armen, Nasen, Kürbissen, Zucchini, Ochsen- und Schweineköpfen übersäht, die aus den Kästen, Schränken und Kommoden herauszuwachsen scheinen. Die Künstler beschreiben ihre jüngsten Skulpturen als „Treffpunkt von Tieren unterschiedlicher Spezies und einer Vielfalt von Gemüsen (…) als Fantasien von Säugetieren und pastorale Halluzinationen“.
Gegenübergestellt werden diese zum Teil neu produzierten Werke einer Serie von handgefertigten Keramikskulpturen aus 2015, die handelsübliche Sanitärkeramiken nachahmen und die neben dem materialspezifischen Diskurs das wechselvolle Spiel der Kunst mit dem Gewöhnlichen und Banalen in die Ausstellung einführen. Die Auseinandersetzung mit künstlerischen Codes, Traditionen und Konventionen steckt ebenso wie schelmischer Humor im geringsten Werk des Künstlerduos.
geboren 1976 in Forest of Dean (GB), lebt und arbeitet in Brüssel (BE).
geboren 1975 in Saint-Brieuc (FR), lebt und arbeitet in Plévenon (FR).