


Cinthia Marcelle
Dust Never Sleeps
11.9. – 2.11.2014
Cinthia Marcelle hat vielfach Situationen und performative Aktionen in öffentlichen Räumen inszeniert, um mit diesen Interventionen Alltagshandlungen in poetische Ereignisse zu transformieren. Video und Fotografie dienen dabei als künstlerische Mittel der Dokumentation. Die Künstlerin hat die Ruine als Allegorie für Geschichte jenseits von einem Schönheitsbegriff immer wieder thematisiert. Dabei nimmt sie Bezug zu Walter Benjamins Auffassung von Geschichte als Vorgang eines unaufhaltsamen Verfalls. Ein Material, das Marcelle wiederholt verwendet hat, ist Staub. Die losen Partikel werden in klar abgegrenzte Räume gesprüht und markieren, sobald sie sich gesetzt haben, einen neuen Raum. Die abgelagerten Schichten von Staub und Schmutz verkörpern zugleich die Materialisierung von Zeit.
Mit ihrer Installation Dust Never Sleeps (2014) transformiert Cinthia Marcelle das Grafische Kabinett der Secession in einen verwaist anmutenden Raum, in dem alles von schwarzem Ruß bedeckt ist: Boden, Wände, Decke, Fenster, Türen, Lampen. Hellere Konturen heben sich ab und die unterschiedlich dichte Akkumulation von Material erzeugt, ähnlich einem Fotonegativ, eine Art räumliche Zeichnung. Nur ein schmaler Bereich ist ausgespart und für BesucherInnen betretbar. Die räumliche Enge des sauberen Streifens und die offensichtliche labile Beschaffenheit der aus losem Pulver bestehenden Installation erzeugen eine spürbare Spannung, während die scharfe Trennung zwischen den beiden Bereichen einen Außen- im Innenraum schafft. Auch in Cinthia Marcelles Installation À margem dos dias, die zeitnah in São Paulo eröffnet wird, spielt die Ästhetik des Verfalls eine tragende Rolle. Allerdings ist die künstlerische Herangehensweise in dem seit rund 25 Jahren leerstehenden Matarazzo Spital genau umgekehrt: Anstatt Material hinzuzufügen, hat die Künstlerin Ablagerungen von über zwei Dekaden entlang der Wände entfernt und somit einen schmalen sauberen Streifen geschaffen. BesucherInnen dürfen hier ausschließlich den staubigen Bereich in der Mitte betreten.
geboren 1974 in Belo Horizonte (Brasilien), lebt und arbeitet in São Paulo.