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Antje Schiffers
Großes Bauern-Theater
6.7. – 9.9.2007

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Antje Schiffers, Großes Bauern-Theater, Ausstellungsansicht, Secession 2007, Foto: Pez Hejduk

Antje Schiffers interessiert sich für die Lebenswirklichkeiten verschiedener Gesellschaftsgruppen und dafür, wie ökonomische, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen – auf lokaler wie globaler Ebene – deren Alltag prägen. Dazu lernt sie verschiedene Sprachen und reist viel; das Unterwegssein ist Teil ihrer künstlerischen Arbeitsweise, denn der Austausch von Erfahrungen passiert immer in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen KooperationspartnerInnen und ist meist als Tauschhandel organisiert. Im Gegenwert für Produkte ihrer künstlerischen Arbeit erhält Schiffers Texte, Videos, Alltagsgegenstände oder Gastfreundschaft. Der vordergründig nüchterne Tausch wirft aber zugleich die Frage der Bewertung verschiedener Tätigkeiten auf, bringt Diskurse um Gebrauchswert und Kunstwert, verbunden mit der romantischen Vorstellung des Künstlergenies ins Spiel. Diese Arbeitsmethode bedingt die direkte Beteiligung der Involvierten einerseits, gleichzeitig ist ein analytisch-distanzierter Blick Voraussetzung, die hintergründigen Überlegungen zu den unterschiedlichen „Betriebssystemen“ der Gesellschaft spürbar vermitteln zu können.

In der Secession präsentiert Antje Schiffers drei Projekte, die auf vielfältige – zuweilen offensichtliche, dann wieder subtile – Weise inhaltlich miteinander verschränkt sind.

 

Für Großes Bauern-Theater (2007-), Antje Schiffers jüngstes Projekt, das sie in Zusammenarbeit mit Thomas Sprenger realisiert, hat die Künstlerin knapp zwei Monate lang Feldforschung bei Landwirten in Niederösterreich und der Steiermark betrieben. Ihr Interesse richtet sich hier auf die Lebenswirklichkeiten der Bauern, die sich u.a. im Zuge von Globalisierung, EU-Beitritt und gesellschaftlicher Entwicklung zum Teil stark verändert haben. Während die Bauern mit Videokameras ihren Arbeitsalltag, den Hof, ihre Familie porträtieren sowie die Landwirtschaftspolitik und Entwicklung des Marktes kommentieren, produziert die Malerin Schiffers Ansichten der Bauernhöfe, die im Tausch mit den Videoporträts in den Besitz der Bauern übergehen. In der Ausstellung finden die Resultate dieses aktuellen Tauschgeschäfts eine formale Übersetzung in einer bühnenbildhaften Inszenierung.

 

Ein Jahr lang lebte Antje Schiffers in einem Bergdorf in Oaxaca, Mexiko. Als Blumenzeichnerin, wie sie von der Dorfgemeinschaft bezeichnet wurde, legte sie im Stil von Expeditionsbotanikern früherer Zeiten ein Register vorgefundener Blumen und Pflanzen an. Die darin verzeichneten Informationen beruhen einerseits auf eigenen Beobachtungen, andererseits vermitteln sie einen Eindruck des überlieferten Wissens der dort lebenden Bevölkerung, das manchmal mit fantasievollen Geschichten verknüpft ist. Während ihres Aufenthalts richtete die Künstlerin auch ein Fotolabor ein, verlieh Kameras und organisierte Workshops, in denen sie zeigte, wie Fotos ausgearbeitet werden. In Da wo ich war (1998) erfahren die Dokumente und Arbeiten dieses einjährigen Aufenthalts eine neue narrative Ebene in der künstlerischen Inszenierung.

 

Für das Projekt Hauptsache man hat Arbeit (2003/04) bewarb sich Antje Schiffers als Werkskünstlerin bei der in Hannover ansässigen ContiTech, einer Tochter der für ihre Reifenpro­duktion bekannten Continental AG, so als ob diese Stelle existierte. In dieser Profession gestaltete Schiffers Wand­zeichnungen nach den Wünschen der dortigen MitarbeiterInnen. Dazu zählten Zeichnungen von Produkten der ContiTech sowie von Instrumenten, die in den dortigen Labors verwendet werden, ebenso wie assoziative Motive, die die MitarbeiterInnen für einen Moment gedanklich vom Alltag abschweifen ließen oder die Internationalität der Belegschaft des Unternehmens widerspiegeln.

 

Großes Bauern-Theater ist Teil des mehrjährigen Projekts Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben, das in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Langenhagen, myvillages.org, der Kulturstiftung des Bundes und dem Land Niederösterreich realisiert wurde und u. a. in England, den Niederlanden, Rumänien, Moldawien und Portugal fortgesetzt wird.

 

 

 




Künstler*innen
Antje Schiffers

geboren 1967 in Heiligendorf, lebt und arbeitet in Berlin.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07