Anthea Hamilton
The New Life
14.9. – 4.11.2018
Anthea Hamiltons interdisziplinärer Zugang zu Performance wird in ihren skulpturalen Assemblagen und Installationen deutlich, die sie als „performative Räume“ bezeichnet und die durch ihre Ausrichtung auf eine Schauseite an Bühnenbilder oder Filmsets erinnern. Ihre Skulpturen, eigenwillige Gebilde an der Kippe von Entstehung und Zusammenbruch, fungieren darin wie Requisiten für Geschichten, die erst erzählt werden müssen.
Ihr Werk basiert auf der einen Seite auf tiefgehender Recherche, unabhängig davon ob es sich um die Auseinandersetzung mit kulturellen Strömungen wie dem Phänomen Disco der 1970er-Jahre, um kunsthistorische Bezugspunkte wie den Jugendstil, Radical Design oder das japanische Kabuki Theater, Dokumentarfotografie oder um Flechten handelt, die sie als eine Art Linse für das Verständnis der Welt begreift. Die Künstlerin interessieren aber auch gleichermaßen die Eigenschaften und Eigenheiten von Räumen, auf die sie mit ortsbezogenen Installationen reagiert und die Herstellung und Präsentation sorgfältig gefertigter Objekte, welchen sie große Aufmerksamkeit schenkt. Indem sie Bilder, die sie sammelt als überlebensgroße physische Objekte ausführt – eine Zeichnung von Robert Crumb beispielsweise oder ein Modell für eine Tür des italienischen Designers und Architekten Gaetano Pesce – thematisiert sie wie wir unsere Umgebung wahrnehmen, räumlich, in Form von Bildern, aber auch mit Blick auf das Spektakel.
Anlässlich ihrer ersten Einzelausstellung in Österreich hat die 2016 für den Turner Preis nominierte Künstlerin eine raumgreifende, ortsspezifische Installation für den Hauptraum der Secession entwickelt. Diesen überzieht sie zur Gänze mit einem Muster, um genau zu sein mit einem Hamilton Schottenkaro und macht ihn sich so zu eigen.
Die Karos des Schottenmusters greifen ein starkes Gestaltungselement des Ausstellungsraums auf, die quadratische Grundform im Raster der Glasdecke, was auf beeindruckende Weise die Wahrnehmung des Raumes beeinflusst.
In dieser von ihr gestalteten Umgebung präsentiert Anthea Hamilton eine Reihe von Skulpturen: Eine Gruppe schwarz glänzender Schaufensterpuppen (Vienna Chefs, 2012/2018) wie auch das Schottenkaro-All-Over verweisen augenscheinlich auf das Interesse der Künstlerin an Mode; doch die Arbeiten handeln auch von Transformation und Natur, was lose in der räumlichen Matrix des Schottenkaros verteilte überlebensgroße Schmetterlingsobjekte (Peacock, Monarch und Cloak Moth, alle 2018), ein mit einem Naturmotiv bedruckter Kimono oder die Verwendung von organischen Materialien und Gemüse deutlich machen.
Als wichtige Inspirationsquelle zitiert Hamilton immer wieder den französischen Autor Antonin Artaud und seine Idee des „physischen Verständnisses von Bildern“. Es ist genau diese körperliche Erfahrung, die sie hervorrufen möchte, wenn man ihren Kunstwerken begegnet, die aus unerwarteten und unorthodox verwendeten Materialien bestehen, deren Größenverhältnisse überraschen und die letztlich von
einem subtilen Humor getragen sind.
Anthea Hamilton hat für die Secession ein Künstlerbuch konzipiert und mit einer Reihe von Collagen aus persönlichen Fotos, gefundenem Bildmaterial und Computer-Zeichnungen gestaltet.
geboren 1978 in London, lebt und arbeitet in London.