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Angelika Loderer
2.2. – 26.3.2017

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Angelika Loderer, Ausstellungsansicht, Secession 2017, Foto: Matthias Bildstein

Die Werke von Angelika Loderer könnte man als medienreflexive Skulpturen bezeichnen, insofern als die Künstlerin die Materialeigenschaften und Verarbeitungsprozesse ihrer Werkstoffe als grundlegende Parameter ihrer Arbeit in den Gestaltungsprozess einfließen lässt. Ihre Skulpturen sind häufig aus Metall gegossen oder bestehen aus „sekundären“ Materialien aus dem Bereich der Metallgießerei wie beispielsweise Wachs oder einem speziellen Gusssand, der sich durch hohe Formstabilität auszeichnet und im Sandgussverfahren verwendet wird. Er ist essentiell für die Herstellung der eigentlichen Gussform, hinterlässt im fertigen Objekt aber keine Spuren – er bleibt also unsichtbar. Loderer macht das Hilfsmittel zum Medium und „baut“ damit fragile und temporäre Skulpturen, die durch ihre Bestimmung als Gusssand auf den Werkstoff Metall verweisen und dieses gleichzeitig in einen spannenden und paradoxen Dialog zwischen der Dauerhaftigkeit des einen und der Flüchtigkeit des anderen bringen. Ihr unbefangener und experimenteller Umgang mit Materialien kennzeichnet ihre Arbeitsweise: Ungewöhnliche Materialkombinationen erzeugen reizvolle Objekte, die mitunter an „performative Skulpturen“ denken lassen.

Im Zentrum der Ausstellung im Grafischen Kabinett stehen neue, im Ausstellungsraum realisierte Sandskulpturen und Bildobjekte, die das Ergebnis jüngster Experimente mit Pilzmyzel sind. Entwurfszeichnungen zu Skulpturen aus gestampftem Sand standen zunächst am Anfang der neuen Werkserie, für die Loderer Gusssand in drei Qualitäten – mit unterschiedlichen Eigenschaften und Farben – mit eigens entworfenen Metallkonstruktionen zu fragilen, temporären Formationen verbindet. Schon in früheren Sandskulpturen verbaute sie andere Werkstoffe und vorgefundene Materialien wie beispielsweise eine Matratze, was zu ungewöhnlichen Resultaten führte oder den Zufall als maßgebliches Element in den Arbeitsprozess integrierte. Bei aller Formbarkeit des Sandes setzt er dem Gestaltungswillen doch Grenzen und die Bearbeitung wird zu einem Prozess, der sich zwischen künstlerischer Intention und den Möglichkeiten des Materials abspielt.

Das Interesse an Prozessen, die sich der eigenen Kontrolle entziehen, brachte Loderer auch auf die Idee, mit einem Gemisch aus Pilzsporen und Holzspänen zu experimentieren – zunächst im skulpturalen Bereich und zuletzt an der Schnittstelle zwischen Skulptur und Malerei. Ursprünglich gar nicht für die Ausstellung bestimmt, sondern als eigenständiges Projekt für das zur Ausstellung erscheinende Künstlerbuch gedacht, entstand eine Serie von „performativen Bildern“, die ähnlich wie die Sandskulpturen aus der Kombination zweier miteinander reagierender Materialien und dem Einwirken des Zufalls entstehen: Dafür befüllte die Künstlerin vorgefundene Plexiglasboxen mit einem Myzel-Holzgemisch und integrierte Fotos. Über mehrere Wochen dokumentierte sie die Entwicklung und die Vernetzung der Pilzsporen und die gleichzeitig stattfindende Veränderung der Fotos, die zunehmend durch Feuchtigkeit und Pilzwachstum angegriffen wurden. Aus dieser Serie kleinformatiger Bilder entstanden schließlich die großformatigen Bildobjekte für die Ausstellung: Ein pixeliges Bild aus dem Internet, stark vergrößert, zeigt ein Reiterdenkmal, versehen mit unzähligen Gusskanälen und stellt so die unmittelbare Verbindung zu den Sandskulpturen her. Im zweiten, völlig abstrakten Bild verwachsen das Myzel und eine löchrige Strukturmatte zunehmend miteinander. Im Verlauf der Ausstellung wird das Netzwerk der Pilzfäden sichtbarer und die Bilder werden sich deutlich verändern. Dem Transformationsprozess der Bilder stehen die Sandskulpturen in ihrer Fragilität und Temporalität gegenüber.

Loderers Skulpturen zeugen vom Wechselspiel zwischen Momentaufnahme und Dauerhaftigkeit und der Ambivalenz von Wert, Vergänglichkeit und Bedeutung. Sie hinterfragen zudem Wertzuschreibungen, indem sie einfache und alltägliche Formen durch wertvolle Materialien adeln.

 




Künstler*innen
Angelika Loderer

geboren 1984 in Feldbach (Steiermark), lebt und arbeitet in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Bettina Spörr (Secession)

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07