Alex Da Corte
Slow Graffiti
6.7. – 3.9.2017
So how about it?
Show me please how I will look in twenty years
And let me please
Interpret history in every line and scar that’s painted
There in front of me
Belle and Sebastian, Slow Graffiti (1998)
The monster turned out to be the best friend I ever had. He changed the whole course of my life.
"Das Werk des US-amerikanischen Künstlers Alex Da Corte umfasst Videos, Skulpturen, Gemälde und raumfassende Installationen, an denen vor allem ihre filmische Qualität hervorsticht. Die Auseinandersetzung mit der Komplexität menschlicher Erfahrung steht im Mittelpunkt seines Werks, etwa wenn er schlaglichtartig Fragen von Begehren, Sinnlichkeit und Entfremdung beleuchtet. Der Künstler interessiert sich dabei für die kulturellen und psychologischen Eigenschaften, die die von ihm manipulierten und zweckentfremdeten Alltagsgegenstände besitzen, wie auch für ihre Unbestimmtheit, die Raum für einen Zustand der Täuschung und Illusion schaffen. Beim Ausloten des formalen Potenzials von Artefakten der Konsumkultur verdreht Da Corte ihren unmittelbaren Angebotscharakter, sodass sie neue symbolische Kraft entfalten – nunmehr als skulpturale Objekte etwa in seinen Videos und Installationen. Farben und Texturen werden augenscheinlich mit großem Geschick eingesetzt, um die BetrachterInnen zu berühren und die Stimmung, in der sie die vom Künstler gestalteten Umgebungen erleben, zu beeinflussen.
Für seine erste große Einzelausstellung in Europa hat Alex Da Corte eine neue, auf die Wiener Secession zugeschnittene Arbeit geschaffen. Mit der raumfassenden Installation Slow Graffiti verwandelt er den berühmten, 600 m2 großen Ausstellungsraum in eine Art gebrochene Stadtlandschaft voll von dysfunktionalen Objekten. Sein Gerippe einer Stadt aus Neon taucht den White Cube der Secession in diesiges Zwielicht. Es zeigt die Falten eines Lebens das gelebt wurde, die Geister menschlicher Präsenz. Um Oscar Wilde in Das Bildnis des Dorian Gray zu zitieren, ist „die Sünde etwas, das sich in das Antlitz eines Mannes einschreibt. Sie kann nicht verheimlicht werden.“ Mit Samt überzogene Wände und ein Patchworkteppich, der den Boden mit seinem schablonenartigen Muster bedeckt, verleihen dem Raum eine spürbar sanfte Note. Diverse Objekte und in Frankensteinscher Manier zusammengesetzte Skulpturen sind über den Boden verteilt. In einem ruhigen Bereich mit Sitzgelegenheiten wird alle zwanzig Minuten ein Video gezeigt: ein Szene für Szene nachgestellter Remake von The Perfect Human von Jørgen Leth (DK, 1967). Slow Graffiti, Da Cortes Interpretation des Films, zeigt den Künstler als Boris Karloff und Frankensteins Monster maskiert zur Musik von Devonté Hynes.
Slow Graffiti strahlt Sanftheit, Verwundbarkeit, Wandelbarkeit und Vergänglichkeit aus – wie erfüllt vom Elan einer unsichtbaren Stadt, die nur in der Einbildung existiert, hier aber Gestalt annimmt. Vor dem Hintergrund der beschleunigten digitalen Welt von heute, können die Sorgfalt in der Ausführung der Arbeit und ein dem zugrundeliegender Gemeinschaftssinn geradezu als radikale Grenzüberschreitung betrachtet werden.
geboren 1980 in Camden (New Jersey, USA), lebt und arbeitet in Philadelphia.