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Werner Feiersinger
29.2. – 13.4.2008

https://secession.at/items/uploads/images/1661763144_Od4r9jeiHZ3.jpeg
Werner Feiersinger, Ausstellungsansicht, Secession 2008, Foto: Werner Kaligofsky

Die Widersprüchlichkeiten, welche sich an den dogmatisch-theoretischen Forderungen und später diesen Ansprüchen weniger streng folgenden Werken der klassischen Moderne in der Architektur festmachen lassen, sind der Stoff für die künstlerische Arbeit Werner Feiersingers. Den Antrieb bietet die Mystifikation der Moderne als Verkörperung von Funktionalität und Rationalität, welche sich den schriftlichen Äußerungen herausragender VertreterInnen dieser Epoche einerseits, sowie einer beinahe ebenso rigid dogmatischen und dadurch „unkritischen“ Rezeption andererseits verdanken.

 

Der Bildhauer und Fotograf Werner Feiersinger will diese nicht unhinterfragt hinnehmen. Im Gegenteil, ihn motivieren gerade die Brüche und Widersprüche, die Objekte ambivalenter Natur und Fotografien von hinlänglich Bekanntem produzieren, deren Blickwinkel allerdings überraschend unkonventionell Anderes oder Unerwartetes zum Vorschein zu bringen vermag.

 

So präzise Feiersinger an der Ausführung arbeitet, so umfangreich sind auch die Vorbereitungen, Recherchen und die Auseinandersetzung mit einem architektonischen oder gestalterischen Kanon. Meist entspricht jener der Moderne, die Spanne reicht von Architekten wie Le Corbusier, der u.a. den Kanon definierte, über Erich Mendelsohn, der in seiner Expressivität die orthodoxen Regeln unterlief, bis hin zu KünstlerInnen, die dem Minimalismus ihren Stempel aufdrückten: Donald Judd, dem es um die Beherrschung des Materials ging, vielmehr jedoch der Bildhauer Tony Smith, der mit anthropomorphen Bezügen so wie Anne Truitt, die mit assoziativen Verweisen in ihren Arbeiten streng genommen schon wieder gegen den Kanon verstießen. Gerade den Hauptraum der Secession – ebenfalls eine Ikone moderner Architektur, vielmehr des „idealen“ Ausstellungsraums als White Cube – mit einer Ausstellung zu bespielen, ist die entsprechende Herausforderung für Werner Feiersinger. Er gestaltet hierfür eine neue Arbeit: die filigrane, 17 Meter lange und 2,80 Meter hohe, geschwungene Stahlstruktur, ein Zitat der Villa Savoye von Le Corbusier wird in diesem Kontext zum architektonischen Maßstab und somit zum raumstrukturierenden Element. Der 1:1 Nachbau, ein Detail der Eingangssituation, orientiert sich präzise an den Plänen Le Corbusiers, wodurch er von dessen Realisierung jedoch abweicht.

Um diese Arbeit lagern sich weitere neue Skulpturen Feiersingers an. Seine Objekte sind eingebettet in ein komplexes Geflecht architektur- und kunsthistorischer sowie persönlicher Bezüge. Leitern, Schaufeln, Gerüste oder Spielinventar versuchen eine augenscheinliche Gebrauchsorientierung vorzugeben, formale Assoziationen an Werkzeug oder Produktionsmittel werden hervorgerufen und spielerische Bezüge hergestellt. Erst auf den zweiten Blick erweisen sich diese Objekte als durchwegs disfunktional. Die Gegenstände sind von einem vermeintlich konkreten Sinnzusammenhang emanzipiert und gehen ihre eigenen Wege. Dieses Spannungsfeld der Ambivalenz, das auch in der Behandlung der Oberflächen fortgeführt wird, charakterisiert die Arbeiten Werner Feiersingers.

 

Ähnlich verhält es sich mit den Fotografien, die zum Einen in den Kanon der Architekturgeschichte aufgenommene Gebäude zeigen, allerdings aus einem unorthodoxen, subjektiven Blickwinkel heraus. Zum Anderen werden neben diese „Standards“ völlig gleichwertig Strukturen und Situationen von Architektur in Gebrauch abgebildet. Die Fotografien hinterfragen und unterminieren damit nicht nur eine visuelle Konvention, sondern sind bildhafte Zeugnisse einer ästhetischen Qualität, die für Feiersinger im vermeintlich Mangelhaften oder Unpassenden liegt. Das paradoxe Dogma des Undogmatischen zieht sich ganz zurückgenommen, dennoch spürbar wie ein roter Faden durch die Ausstellung.

 

 




Künstler*innen
Werner Feiersinger

geboren 1966 in Brixlegg, Tirol, lebt und arbeitet in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession


Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07