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Till Megerle
To be kind
8.12.2020 – 14.3.2021

https://secession.at/items/uploads/images/1661344369_Ds0P2fyDdRN.jpeg

Till Megerle, To be kind, Ausstellungsansicht, Secession 2020, Foto: Nadim Vardag

In seiner Ausstellung To be kind präsentiert Till Megerle 13 neue Zeichnungen aus den letzten drei Jahren. Die Zeichnungen zeigen Szenen mit seltsam verschlungenen und deformierten Körpern sowie Porträts von Jugendlichen vor Landschaften am Stadtrand, in denen eine Atmosphäre vager Entfremdung und Schweigsamkeit dominiert. Die Bilder verweisen stets auf das Inkonstante, Fremdartige und Psychedelische des Alltäglichen. Vertrautes verzerrt sich in Unwirkliches und Verdrängtes oder überwunden Geglaubtes wird sichtbar. Über die Gewaltsamkeit, die ihnen dadurch innewohnt, schreibt Aziza Harmel in der Publikation zur Ausstellung:

 

„Dieses Hin und Her zwischen dem Alltäglichen und dem Ungeheuerlichen manifestiert sich in Tills Arbeit nie aus Gründen der Ausgewogenheit, sondern es ist ein Streben nach Intensität und eine Anerkennung der Immanenz von Gewalt. Gewalt ist hier wie eine Zwickmühle, die auf eine Verknüpfung zwischen den Möglichkeiten, im System der gegenwärtigen Regierungsform zu leben, und der Allgegenwart der Geschichte hinweist.“

 

Ein wesentliches Merkmal der Arbeiten Megerles ist seine Anwendung unterschiedlicher Stile und Techniken. Beschränkte er sich in seinen früheren Zeichnungen auf Schwarz-Weiß und Sepiatöne, so präsentiert er in dieser Ausstellung auch farbige Zeichnungen. In Kohle, Tusche, Buntstift und Kugelschreiber verdichtet er seine feinen Striche und abgestuften Schattierungen zu Kompositionen, deren Homogenität er durch perspektivische Brüche und teilweise karikaturistische Überhöhung in eine komplexe Widersprüchlichkeit überführt. In einer Reihe von Bildern wie The House of Sprezzatura (2019) oder dem Portrait der vier Frauen im Stiegenhaus (Untitled, 2020) erzeugt das Zusammenspiel der einzelnen mit Buntstift aufgetragenen Farbtöne in den durchgearbeiteten Flächen ein leuchtendes, perlmuttartiges Schimmern, das durch seine Diskrepanz zum Ausdruck der Figuren eine unheimlich wirkende Spannung erzeugt. In einer Reihe anderer Bilder wiederum findet das Ringen bzw. der Tanz der Figuren ein Pendant in der Dynamik starker Komplementärkontraste, während die Homogenität der Flächenkomposition durch sie überlagernde eigenständige Kugelschreiberlinien aufgebrochen wird.

 

Als Ausgangspunkt für seine Darstellungen der sozialen Merkmale und Stellungen der Figuren dienen Megerle sowohl kunsthistorische Quellen wie die Bilder von Pieter Bruegel und Matthias Grünewald als auch popkulturelle Referenzen wie Skateboarding- und Gabber-Videos. Seine vielfältigen Bezugnahmen lassen sich allerdings nur sehr selten eindeutig zuordnen. Auch dem postmodernen Spiel mit Zitaten und Ironie entzieht er sich und stellt stattdessen die Beschäftigung mit Formen, Sujets und Verfahren in den Vordergrund. Seine künstlerische Arbeitsweise kennzeichnet eine spielerische Ernsthaftigkeit. Sie gründet in einer Motivation, die sich mit der eines Teenagers vergleichen lässt, der in seinem Zimmer von Langeweile angetrieben mit einfachen Mitteln aber großer Akribie und Leidenschaft arbeitet. Megerle etabliert auf diese Weise ein Wechselspiel zwischen strenger und scheinbar dilettantischer Form, das sich auch in seiner fotografischen und filmischen Sprache beobachten lässt und das seine Bilder eindeutig im Hier und Jetzt verortet.

 

Zur Ausstellung erscheint eine vom Künstler konzipierte Publikation mit zahlreichen Abbildungen, die die Zeichnungen der Ausstellung in einem größeren Werkzusammenhang zeigen, und einem Text von Aziza Harmel.

 

Video
Ausstellungsgespräch



Künstler*innen
Till Megerle

geboren 1979 in Bayreuth, lebt und arbeitet in Wien.

Programmiert vom Vorstand der Secession

Kuratiert von
Annette Südbeck (Secession)

Vereinigung bildender Künstler*innen Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
Tel. +43-1-587 53 07